Ich war gestern in der Ausstellung und kann sie jedem Fahrradbegeisterten ans Herz legen. Es gibt in der Tat sehr viele sehr schöne Räder zu bestaunen, die in ihrer Gesamtheit durchaus eine kleine Kulturgeschichte des Zweirads erzählen.
Leider bin ich aber nicht ganz glücklich mit dem Ausstellungskonzept: die Exponate sind jeweils nur mit einem kleinen Titelschild versehen, auf dem Entstehungsjahr, Hersteller, Modellname, eventuell Designer (falls bekannt) vermerkt sind. Das ist selbst mir, obwohl ich mich durchaus als "Kenner der Materie" bezeichnen möchte, deutlich zu wenig an Wissensvermittlung. Bei vielen Rädern wird durchs bloße Betrachten nämlich nicht klar, worin die Leistung des Entwurfs liegt. Der aufwendig bebilderte Katalog geht schon etwas mehr in die Tiefe, ist aber mit 35 Euro preislich sehr hoch angesetzt, zumindest für Leute, deren Leben sich nicht ausschließlich ums Fahrrad dreht. Für Freaks, wie wir sie sicher in diesem Forum finden, lohnt sich die Anschaffung des Katalogs aber auf jeden Fall.
Was mir fehlt, sind weitergehende Infos zu den Entwürfen, die mittels QR-Code und virtueller Führung über Kopfhörer und Smartphone direkt beim Exponat abrufbar wären. Daran wurde leider nicht gedacht. Auch sind seitens der Museumsleitung keinerlei Führungen geplant, wie man mir auf Nachfrage mitteilte.
Gegen die Auswahl der Räder ist im Grunde wenig auszusetzen, wenngleich diese bei der historischen Fülle des Sujets wohl auch gänzlich anders hätte ausgesehen haben können. Aus dem Hausbestand der Neuen Sammlung sind nur die wenigsten Fahrräder (ist halt nicht deren Kernthema), die meisten stammen erkennbar aus privaten Sammlungen, wogegen grundsätzlich nichts einzuwenden wäre, aber eine gewissenhafte Kuratierung hätte sich halt nicht vom Angebot dessen leiten lassen sollen, was zur Verfügung stand, sondern hätte darauf drängen müssen, Wunschexponate aufzutreiben, die nicht aus dem Bauchladen einiger Sammler stammen.
Mir ist klar, dass es kritteln auf hohem Niveau ist: die Präsentation beispielsweise des wunderschönen Trek Carbon-Monocoque-Rennrads "Y-Foil" (welches ich selber einige Jahre besaß) ohne die Erwähnung, dass dieser Entwurf im Grunde genommen ein "Nebenprodukt" des zuvor entwickelten Mountainbikes "Y" desselben Herstellers darstellt, halte ich für einen "Fehler", wie er einem Museum diesen Rangs eigentlich nicht unterlaufen sollte.
Ebenso unverständlich für mich, dass eine ausreichende Würdigung des Fortbewegungsmittels Fahrrad und dessen gesellschaftliche Bedeutung nicht einmal ansatzweise angesprochen wird.
In dieser Form ist die Ausstellung leider nicht mehr als ein begehbares Panini-Album des Fahrrads. Schade.
Mein
Fotoalbum.