Neue Verbote für den Radverkehr Tempolimit, Lärmschutz – was kommt als Nächstes?

Als ob die fantasievolle Forderung der Düsseldorfer FDP nach einem Tempolimit für Fahrräder die Redaktion und Radfahrer:innen bundesweit in den vergangenen Tagen nicht schon genug unterhalten hätte, sind wir jüngst auf ein Fahrrad-Verbot – im wahrsten Sinne des Wortes – gestoßen, welches selbst diesem Irrsinn noch die Krone aufsetzt. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Es wurde bereits in die Tat umgesetzt. 
Foto von Laurenz Utech
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Lesezeit ~4 Min.
Veröffentlicht in Radverkehr
9. September 2022
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„Das ist doch hoffentlich gephotoshoppt!“, dachte ich mir, als ich das Bild in unserem internen Redaktions-Chat sah. „Mist, da ist noch eins! Und Augenzeugenberichte gibt es auch schon …“. Am liebsten würde ich an dieser Stelle einfach die Chat-Historie veröffentlichen, denn sie bringt genau auf den Punkt, warum dieses Fahrverbot für Fahrräder, was ein Kollege auf Twitter entdeckt hatte, ein Witz sein muss.

FDP Düsseldorf fordert Tempolimit – für Fahrräder!

Okay, eins nach dem anderen. Ein wenig Filter tut unseren Aussagen im Chat sicher gut und eine nüchterne Schilderung der Sachlage – bevor es später natürlich noch zur Meinung kommt – kann sicher auch nicht schaden: Also, was war da eigentlich letzte Woche los, weshalb die Gemüter schon leicht erhitzt waren? Achja, die FDP war plötzlich doch für ein Tempolimit. Allerdings nicht für Autos, sondern für Fahrräder. Ja, ihr lest richtig. Doch leider war es nicht nur irgendein Hirngespinst in irgendeinem Dorf, sondern ein waschechter Antrag, der derzeit von der Stadtverwaltung Düsseldorfs, Landeshauptstadt und Heimatstadt des liberalen Gurus Christian Lindner, geprüft wird. Noch diesen Freitag soll die zuständige Bezirksvertretung 1 über das Tempolimit für Düsseldorfs Radfahrer:innen beschließen.

Die Schadowstraße in Düsseldorf vor ihrer Umstrukturierung.
# Die Schadowstraße in Düsseldorf vor ihrer Umstrukturierung. - Ironischerweise war zu diesem Zeitpunkt die Fahrt für Fahrräder noch frei. Bild: Wikimedia Commons

Diashow: Neue Verbote für Radverkehr: Tempolimit, Lärmschutz – was kommt als Nächstes?
Die Schadowstraße in Düsseldorf vor ihrer Umstrukturierung.
Wer kennt ihn nicht, diesen einen beliebten Bike-Spruch?
Was im Fall von besonders lauten Hinterradnaben zu tun ist, konnten wir bislang nicht in Erfahrung bringen.
Hier heißt es ab sofort absteigen wegen Lärmschutz!
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„Ja gut, da geht es vielleicht um irgendeinen geteilten Trassenweg, über den so Freizeit-Ulles mit 40 rüberpesen müssen trotz der Fußgänger und da wollen sie jetzt etwas auf die Bremse treten“, denkt ihr jetzt vielleicht? Leider weit gefehlt. Es geht um einen Radweg (!) auf der Düsseldorfer Schadowstraße und veranschlagt werden gemächliche 10 km/h. Grund für diesen Einfall sei eine Häufung gefährlicher Situationen zwischen Einkaufenden und Radfahrenden, die sich dort wohl häufiger in die Quere kommen. Dass dieser Radweg zugegebenermaßen räumlich nicht besonders gut vom Rest abgetrennt ist, lasse ich als einzig stichhaltiges Argument der Liberalen noch gelten.

Darum ist das FDP-Tempolimit keine Lösung

Besonders bezeichnend ist dennoch, dass die Auto-Tempolimit-Gegner nun ein Tempolimit für Fahrräder fordern und, dass kein Meter in Richtung Radinfrastruktur, wie man das Problem vielleicht nachträglich baulich sinnvoll lösen könnte (Stichwort: Protected Bikelanes) gedacht und direkt ein (gar nicht mal so liberales) Gebot gefordert wird. Wie die 10 km/h eingehalten werden sollen, wenn das Hollandrad nicht über einen Tacho verfügt, wird in dem Antrag übrigens nicht erläutert.

Lärmschutzmaßnahme in Kreisstadt – gegen Fahrräder! 

Kaum erholt von den Tempolimit-Fantasien der FDP dann diese Woche das: In Bad Münster, Ortsteil der Kreisstadt Bad Kreuznach, gibt es ein paar neue Pöller zu bestaunen. Genauer gesagt, zwei Dutzend! Installiert wurden diese auf einer Brücke, die über die Nahe führt und ein wichtiger Verkehrsweg für Fußgänger:innen und Fahrradfahrer:innen ist, beziehungsweise war. Angeordnet in bester Schikanen-Manier sollen die 24 Pfosten Fahrradfahrende zukünftig davon abhalten, die mit Holzplanken bestückte Brücke zu befahren. Erläutert wird dieses Fahrverbot für Fahrräder durch ein Schild mit der Aufschrift Lärmschutz. Als sei die Brücke ein gigantisches Xylofon, das beim Befahren Geräusche von sich gibt, welche jene der parallel zur Brücke verlaufenden Eisenbahnbrücke (!) übertönen.

Hier heißt es ab sofort absteigen wegen Lärmschutz!
# Hier heißt es ab sofort absteigen wegen Lärmschutz!

Ja, auch wir haben schon darüber nachgedacht, diesen Fall an die Kolleg:innen von Extra 3 für eine neue Ausgabe von Realer Irrsinn weiterzuleiten. Aber wartet, es kommt noch besser: Die Geräusche, die von der Lärmbrücke verursacht werden, sind scheinbar auch so laut, dass sie den Lärm der wiederum parallel zur Eisenbahnbrücke verlaufenden B48-Brücke ebenfalls überschatten. Aber warum reg ich mich denn überhaupt so auf? Anwohnende gibt es an dieser Stelle ja sowieso keine.

Barrierefreiheit Fehlanzeige

Spaß beiseite, über diese Maßnahme kann man sich schon ein wenig aufregen, denn sie betrifft ja nicht nur die Rad-Pendler:innen und Freizeitradler:innen, sondern vor allem auch die Verkehrsteilnehmer:innen, die auf eine barrierefreie Verkehrsinfrastruktur angewiesen sind. Eltern mit Kinderwagen oder -Anhänger, Rollstuhl- und Liegeradfahrer:innen etwa. Und wie hießen noch gleich diese ulkigen Fahrräder, die Autoersatz sein und die Verkehrswende herbeiführen wollen? Ach genau – Cargobikes! Die wiegen ja nur um die 50 kg (leer!), das kann man da doch mal eben locker flockig umheben für den Lärmschutz.

Was im Fall von besonders lauten Hinterradnaben zu tun ist, konnten wir bislang nicht in Erfahrung bringen.
# Was im Fall von besonders lauten Hinterradnaben zu tun ist, konnten wir bislang nicht in Erfahrung bringen.

In einem Zeitungsartikel, in dem noch weitere solcher Stellen kritisiert werden, findet sich eine Stellungnahme der Stadt zu der Maßnahme und den Hintergründen: „Auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung erläutert Philipp Geib, Abteilungsleiter Tiefbau und Grünflächen, die Hintergründe der Maßnahme. Diese sei notwendig geworden, weil Radfahrer vor der Brücke nicht absteigen würden. Diese sei aus Sicherheitsaspekten nicht für den Radverkehr geeignet, dennoch halte sich kaum jemand an die Vorschrift. Zudem ist die Brücke sanierungsbedürftig. Wenn die Radfahrer über die teils losen Bretter fahren, dann rappelt und klappert es – zum Ärger der Anwohner. Bis die Brücke saniert werde, müssten die Poller laut Geib als Provisorium herhalten, um Radfahrer zum Absteigen zu bringen. Beim Montieren der Polier hätten zudem Rollstuhlfahrer die Stelle bereits passiert: ‚Es kann kompliziert werden‘, stimmt Geib zu, doch es sei möglich.“ – Also ich weiß ja nicht, wie ihr das seht, aber für mich macht’s die Sache kein Deut besser. Die Aussage gibt eher noch mehr zu denken.

Forderungen nach einem Tempolimit fürs Fahrrad hier, eine Lärmschutzmaßnahme gegen Fahrradgeräusche da – was kommt als Nächstes? Die Verkehrswende ist zugegeben eine sehr große Herausforderung und der Katalog an erforderlichen Maßnahmen meterdick. Aber eins ist sicher: Aktionen wie diese stehen da definitiv nicht drin.

Was haltet ihr davon und ist euch in letzter Zeit vielleicht Ähnliches begegnet? Schreibt es in die Kommentare, mit allen schmutzigen Details!

Wer kennt ihn nicht, diesen einen beliebten Bike-Spruch?
# Wer kennt ihn nicht, diesen einen beliebten Bike-Spruch? - Wer die Geräuschkulisse von Güterzügen und Bundesstraßen liebt, der schiebt.

Text: Laurenz Utech | Fotos: privat

14 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. So wird nur verwaltet und am besten von einem Schreibtisch auf den nächsten verschoben, um bloß keine Entscheidung treffen zu müssen, für die man vielleicht sogar noch Verantwortung übernehmen muß.
    Ich hörte mal ein gutes Beamterin prüft zunächst mal ob es zuständig ist....

    🥸
  2. Das Fahrrad-Fahrverbot auf der Brücke gilt übrigens schon "ewig", es hält sich halt niemand/kaum jemand dran (inkl. mir, komme so 2x im Jahr drüber), Sinn wird in erster Linie wohl Fußgängerschutz sein, wie im direkt benachbarten Kurgarten auch, wo Fahrradfahren auch nicht erlaubt ist; jetzt wollte man es halt mal durchsetzen. Analog: Soll der Dieb der Polizei nun nicht die Schuld dafür geben, daß er im Gefängnis sitzt.

  3. Fahre häufig in KH! Ich kenne die dauernde Anfeindungen von Menschen die die Brücke ebenfalls nutzen. Steigen Sie ab. Hier ist Fahrad Fahren Verboten! Deutsch Halt. Jetzt hat halt jemand der jemanden in der Behörde kennt reagiert. Sinnlos, Dumm und Gegeneinader. Deutsch halt!


    Dieses ständige :innen nervt beim lesen.

    NÖ! TUT ES NICHT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

  4. NÖ! TUT ES NICHT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    hä?
  5. m/d/w 🤣


    für mich gibt es Dinge, die zur Selbstverständlichkeit zählen,
    und dieses ( neudeutsch ) "Gendern" sollte dazugehören,
    und muss nicht dauernt schriftlich erwähnt werden (aber deutsch halt)

    😉🙄

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