Zur Rechtslage: Sind Dashcams in Deutschland erlaubt?
Ja – und das eigentlich sogar unter recht klaren Rahmenbedingungen: Deutsche Gerichte fallen allerdings nicht unbedingt durch ihre hohe Affinität zu technischen Neuerungen auf. Für den Einzelfall kann dies also durchaus Überraschungen bereithalten. Der Versuch einer Näherung:
Die Aufzeichnung, genau genommen die Speicherung (!) von Daten (hier: Video und ggf. Ton) in der Öffentlichkeit ist in Deutschland nur dann erlaubt, wenn sie „anlassbezogen“ erfolgt. Das wichtige Zauberwort der DSGVO zur Erhebung und dauerhaften Speicherung von Daten lautet „berechtigtes Interesse“. Damit ihr aber Videos auch von Situationen habt, die überraschend über euch kommen (Unfälle z. B.) zeichnen Dashcams in der Regel zwar konstant auf, überschreiben diese Daten aber nach einer Weile automatisch – es sei denn, sie werden von den User*innen manuell oder durch ein Ereignis (Sturz, Unfall – registriert durch Neigungs- oder Beschleunigungssensor) dauerhaft gesichert. Genau diese Funktion soll eine Dashcam rechtssicher machen.
Ist eine Dashcam als Beweismittel zugelassen?
Leider nicht immer. Gerichte entscheiden das durchaus unterschiedlich, je nach Auslegung – und Sachlage. Manch eine Behörde mag eventuell gar datenschutzrechtliche Bedenken als willkommene Gelegenheit nutzen, sich nicht allzu lange mit bestimmten Vorfällen befassen zu müssen.
Datenschutz ist, genau wie Urheberrecht, eine Allzweckkeule, die man gegen jeden Kopf werfen kann!
Zitatgeber der Redaktion bekannt
Ohne hier allzu tief in das Thema einzusteigen: Es ist aus unserer Sicht besser, man hat ein Dashcam-Video einer bestimmten Situation, welches hoffentlich als Beweis vor Gericht Verwendung findet, als in vorauseilendem Gehorsam keine Kamera zu verwenden und damit den objektiven Beweis für einen Unfallhergang schuldig bleiben zu müssen.
Der Vollständigkeit halber sei hier darauf hingewiesen, dass Videos einer Dashcam natürlich auch den Beweis für euer eventuelles Fehlverhalten zu eurem Nachteil erbringen könnten.
Dashcam-Videos ins Internet stellen?
Man muss in den sozialen Medien nicht lang nach Dashcam-Videos suchen, es gibt sie in Hülle und Fülle. Jedoch: Mit eurer Dashcam speichert ihr sensible Daten. Eine eng zweckgebundene Nutzung dieser Daten durch Polizei und Gerichte ist das eine. Von einer Veröffentlichung solcher Aufnahmen ohne Anonymisierung von Personen und Fahrzeugen im Bild raten wir jedoch dringend ab.
Dashcam am Fahrrad / Dashcam im Auto – gibt es Unterschiede?
An oder in welchem Fahrzeug eine Dashcam installiert ist, spielt rechtlich keine Rolle. Die Unterschiede zwischen Dashcams fürs Auto und Bike-Dashcams sind rein technischer Natur.
GoPro als Dashcam nutzen?
Schon aufgrund der geringen Auswahl fahrradtauglicher Dashcams könnte man auf die Idee kommen, einfach eine Actioncam als Bike-Dashcam zweckzuentfremden. Actionkameras machen in aller Regel bessere Videos als Dashcams, sie sind meist wasserdicht, kompakt, technisch ausgereift und bei der einen oder dem anderen vielleicht sogar bereits im Inventar.
Allerdings bietet längst nicht jede Actioncam eine Loop-Funktion, bei der alte Videos automatisch überschrieben werden. Fehlt diese Funktion, ist der Betrieb als Bike-Dashcam nicht nur unpraktisch; hier ist wohl auch rechtlich die Grenze zur anlasslosen Aufzeichnung von Bildmaterial überschritten, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass so aufgenommenes Videomaterial vor Gericht nicht zugelassen wird.
Dazu schreibt der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Mai 2018:
[…] eine permanente anlasslose Aufzeichnung des gesamten Geschehens auf und entlang der Fahrstrecke […] ist zur Wahrnehmung seiner Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich, denn es ist technisch möglich, eine kurze, anlassbezogene Aufzeichnung unmittelbar des Unfallgeschehens zu gestalten, beispielsweise durch ein dauerndes Überschreiben der Aufzeichnungen in kurzen Abständen und Auslösen der dauerhaften Speicherung erst bei Kollision oder starker Verzögerung des Fahrzeuges.
BGH – VI ZR 233/17
Laut BGH wäre also bei Aufzeichnung „dauerhaft gespeichertes“ Material auf unzulässige Art und Weise (anlasslos) gesichert. Wichtig: Es könnte dann dennoch vor Gericht aufgrund höherwertiger Interessen anerkannt werden. Videos aus Dashcams, welche nur anlassbezogen (automatische Speicherung durch Unfallereignis bzw. manuelle dauerhafte Speicherung) dauerhaft gesichert und andernfalls überschrieben werden, wären folgerichtig ohne diesen Makel rechtssicher verwertbar.
Wir haben uns drei Geräte mit genau diesen Funktionen fürs Fahrrad einmal genauer angesehen.
Bike-Dashcams im Nimms-Rad-Vergleichstest
Betrachtet man das Angebot von Fahrrad-Dashcams, fällt zunächst auf: Die Auswahl ist dünn. Nachdem das mit seiner Kombination aus Dashcam und Abstandmesser einst hoffnungsvoll klingende Start-up „Dashbike“ aus Jena uns auch 2 1/2 Jahre nach seinem vollmundigen Start für diesen Test kein fertiges Gerät zur Verfügung stellen konnte – waren für unseren Vergleichstest lediglich zwei Anbieter marktreifer Systeme zu finden: Der Elektronik-Riese Garmin mit einem Gerät und zwei Geräte von Cycliq aus Westaustralien, die sich auf Bike-Dashcams sogar spezialisiert haben.
Die Geräte im Test weisen, neben ihrer Funktion als Dashcam und Fahrradleuchte, einige spezifische Unterschiede auf – so gibt es mit der Fly6 eine Cam von Cycliq für die rückwärtige Sicht als auch, mit der Fly12 Sport, ein Gerät für den Blick nach vorn. Garmin hat mit der Varia RCT 716 zwar nur eine Dashcam für die Rücksicht im Programm, diese verfügt aber zusätzlich über das Varia Radar, welches optisch und akustisch vor herannahenden Fahrzeugen warnt. Auch diese spannende Funktion haben wir uns für euch genauer angesehen.
Bike-Dashcams von Cycliq – from a land down under
„Make it count!“ – Das Marketing der australischen Bike-Dashcam-Spezialisten von Cycliq ist martialisch: In riesigen Lettern prangt das Motto auf Videoclips von spektakulär fiesen Situationen aus Fahrradperspektive. Die Kameraleute: weltweite Cycliq-Kund*innen, die diese Situationen beim Biken gefilmt haben. Damit ist schnell klar, worum es hier geht: Beweise sichern. Täter*innen zur Verantwortung ziehen.
Schon knapp eine Woche nach unserer Bestellung im Cycliq-Webshop wird die Sendung mit den beiden Kameras – der Fly6 für hinten und der Fly12 Sport für vorn – geliefert. Das ist insofern bemerkenswert, als Cycliq in Australien ansässig sind und alle Bestellungen über ein zentrales Warenlager in Hongkong abwickeln. Zum Warenwert von 628 € für beide Kameras kommen für deutsche Kund*innen weitere 20 € für den Versand und 19 % Einfuhrumsatzsteuer. Damit kostet uns das komplette Set Cycliq Dashcams für vorn und hinten knappe 770 Euro. Ein stolzer Preis!
Eine StVZO-Zulassung als Fahrradleuchte haben die Cycliq-Geräte nicht. Als Bike-Dashcam funktionieren sie jedoch auch ohne eingeschaltetes Licht und in der App können die hierzulande unzulässigen Blinkmodi einfach abgeschaltet werden. Beide Cycliq-Kameras können Infos wie Datum und Uhrzeit in das Video einblenden.
Quick Start Guide und Anleitung für die Cycliq-Dashcams finden sich im Netz und sind bequem über einen QR-Code in der Packung erreichen. Die Anleitungen sind lediglich in englischer Sprache verfügbar, dabei aber klar und verständlich.
Cycliq Fly12 Sport – Bike-Dashcam für vorn
Die Cycliq Fly12 Sport ist eine Bike-Dashcam, die den Bereich vor eurem Fahrrad filmen soll. Sie wird mit einer stabilen Klemmschelle solide an runden Lenkerrohren befestigt und kann mit einer Drehung leicht abgenommen werden. Auch ein Adapter auf einen GoPro-Mount liegt der Lieferung bei. Die Kamera verfügt über ein kleines OLED-Display an der Rückseite für den Betriebszustand sowie eine weitere Taste, mit der man auch direkt am Gerät Speicherkarten formatieren sowie die Videoausrichtung (für Montage über oder unter dem Lenker) umschalten kann.
- Bike-Dashcam für vorn
- Besonderheit Bildstabilisator
- Videoqualität maximal 4k @24 fps, 16:9, 135°-Bildwinkel
- Größe Video ca. 154 MB/min @ 4k 24fps
- Speicher 64-GB-Micro-SD (bis 256 GB unterstützt)
- Audioqualität sehr gut
- Wasserdicht IP56
- Gewicht 167 Gramm gewogen, mit Halterung
- Akkulaufzeit 7 h Kamera, 6,5 h Kamera und Licht (Herstellerangabe)
- Ladezeit 2 Stunden
- Licht bis zu 400 Lumen, Blinkmodi via App abschaltbar, keine StVZO-Zulassung
- Preis (UVP) 359 € (zzgl. Einfuhrumsatzsteuer)
- www.cycliq.com
Cycliq Fly12 im Test
Die Fly12 macht, was sie soll, und das ziemlich gut: Ihr Gehäuse wirkt stabil und wertig, die Frontscheiben für Leuchte und Kamera sind aus kratzfestem Glas und die Speicherkarte sowie der USB-C-Ladeport gut erreichbar unter einer Gummiklappe zu finden. Ihre Tonaufnahme ist die klarste und beste der drei getesteten Geräte und sie zeichnet auch wenig nervigen Körperschall vom Fahrrad auf.
Die CycliqPlus-App (hier für Apple iOS im App-Store und hier für Android im Google Play Store) ist selbsterklärend und ermöglicht, die Cycliq-Dashcams zu steuern und zu konfigurieren. Auch liefert sie Infos zu Akkustand und Speicherkarte. Beide Cycliq-Geräte verfügen zudem über eine optionale automatische Abschaltung nach 15 Minuten Inaktivität.
Die Videoqualität der Fly12 ist ausreichend klar und löst höher auf als die der beiden Rücksicht-Dashcams: Ihr 4k-Video und ein Bildstabilisator liefern wenig Geruckel und klarere Bilder als die Fly6 und die Garmin, welche jeweils nur 1080p, also rund ein Drittel der Bildpunkte (6,2 bzw. 2,07 Megapixel) schaffen. Das macht sich, vermutlich aufgrund der niedrigeren Bildrate, aber beim Platzbedarf nicht bemerkbar: Eine Minute Video der Fly12 in voller Auflösung belegt etwa 154 MB Speicherplatz – die beiden Rück-Kameras liegen jeweils bei etwa 170 MB pro Minute.
Gut gefällt uns die übersichtliche Bedienung der Fly12, die Qualität ihrer Bild- und Tonaufnahmen sowie ihr kleines Display. Weniger gelungen finden wir die australische Front-Dashcam als Leuchte: Ihr heller Lichtkegel ist, ähnlich dem einer Taschenlampe, kreisrund und diffus abgegrenzt – was nachts zu einer erheblichen Blendung entgegenkommender Fahrzeuge führen dürfte. Ebenso strahlt die Leuchte nur nach vorn ab; von der Seite ist das Licht der Fly12 nicht zu sehen. Da die Lichtfunktion ohnehin keine StVZO-Zulassung besitzt, darf man sie getrost als Lösung für Notfälle betrachten. Dafür ist sie mit ihren bis zu 400 Lumen alle Male gut geeignet. Der Akku der Fly12 Sport hält, nur im Video-Modus ohne Licht, in unserem Test 6 1/4 Stunden durch.
Cycliq Fly6 – Bike-Dashcam für hinten
Die Fly6 ist Bike-Dashcam und Rücklicht in einem, deren Halterung mit einem gummierten Klettband an der Sattelstütze befestigt wird. Das geht schnell und hält sicher. Für verschiedene Sattelstützenprofile (rund / hinten flach / aerodynamisch) liegen drei Gummiadapter bei, auf die man gut aufpassen muss, da sie bei gelöster Halterung lose herausfallen. Die Fly6 wird ebenfalls durch Drehen auf der Halterung arretiert – und sitzt dann so fest, dass man die Dashcam im montierten Zustand kaum von der Halterung lösen kann, ohne den Klettverschluss arg zu strapazieren.
Ihre Funktionen ähneln denen der Fly12 – die Fly6 muss aber ohne Display auskommen. Bedient wird die Cycliq-Kamera für die Sicht nach hinten mittels zweier Gummitasten. Ihr Ein-/Aus-Taster dient auch zum Durchschalten der in der App freigegebenen Lichtmodi und unter einer Gummiklappe finden sich Ladeport und die Micro-SD-Karte.
Auf der bereits installierten 64-GB-Speicherkarte finden in höchster Videoauflösung (1080p und 30 Bilder pro Sekunde) rund 6 Stunden Video Platz.
Die Cycliq Fly6 ist im Grunde plug-and-play. Aufladen, einrichten, anbringen und losfahren. Neigt man die Fly6 über 60° zur Seite, wird das letzte und das aktuelle Videosegment dauerhaft gespeichert, eine Funktion, die auch auf Knopfdruck ausgelöst werden kann. Zudem kann die Fly6 noch als Alarmanlage, ähnlich dem Knog Scout, zornig rot blinken und einen Alarmton ertönen lassen, wenn jemand dein Fahrrad unbefugt bewegt.
- Bike-Dashcam für hinten
- Besonderheiten Alarmanlagen-Funktion, Rücklicht, Blinkmodi via App abschaltbar. Keine StVZO-Zulassung als Leuchte.
- Videoqualität maximal 1080p @ 30fps 16:9, 135°-Bildwinkel
- keine Bildstabilisierung
- Größe Video ca. 170 MB/min @ 1080p
- Speicher 64-GB-Micro-SD (bis 128 GB unterstützt)
- Audioqualität Geht so. Fahrgeräusche und Körperschall dominieren.
- Wasserdicht IP56
- Gewicht 95 Gramm gewogen, mit Halterung
- Akkulaufzeit 5 h Kamera, 4 h mit Licht und Kamera (Herst.)
- Ladezeit 1 Stunde
- Licht bis zu 50 Lumen, seitlich sichtbar nur das rotierende Dashcam-Licht.
- Preis (UVP) 269 € (zzgl. Einfuhrumsatzsteuer)
- www.cycliq.com
Cycliq Fly6 im Test
Die Cycliq Fly6 arbeitet zuverlässig und unkompliziert. Schaltet man die Kamera ein, beginnt damit auch die Videoaufzeichnung. Videos sind am Tage ausreichend klar, Details wie Autokennzeichen auf etwa 5-10 Meter, je nach Lichtverhältnissen, gut ablesbar. Dashcam-Faustregel: Was dir nicht näher kommt, muss in aller Regel auch nicht identifiziert werden. Nachts wird es kniffliger: Zu einem kräftigen Bildrauschen gesellen sich Verwackler. In beleuchteten städtischen Straßen ist alles, was 1. nah und 2. stehend gefilmt wird, gut zu erkennen. Bewegte Objekte machen eine Erkennbarkeit/Ablesbarkeit indes schwierig: Wird man etwa bei Dunkelheit von einem Überholer umgenietet, der danach flüchtet, kann es schwierig werden, das Fahrzeug im Video zu identifizieren.
Die Tonaufnahme der Fly6 fängt leider überdeutlich Fahrgeräusche und Körperschall vom Fahrrad ein: Ihr rückseitig angebrachtes Mikrofon kann während der Fahrt etwa Gespräche nicht immer klar aufzeichnen.
Das eingebaute Rücklicht der Fly6 ist ziemlich hell und weithin sichtbar, die in Deutschland (leider) verbotenen Blinkmodi sorgen für eine Menge Aufmerksamkeit, von der Seite ist lediglich das um die Kameralinse kreiselnde, rote Aufnahmelicht zu erkennen, das sich – hallo StVZO! – auch nur gemeinsam mit der Videofunktion abschalten lässt. Der Akku der Fly6 hält im Testbetrieb und dem (mit dem der Garmin Varia vergleichbaren) dunkleren Dauerlicht-Modus 4 1/2 Stunden durch.
Garmin Varia RCT716 – die Radar-Dashcam
Die Garmin Varia RCT716 ist nicht nur eine Bike-Dashcam mit Rücklicht, sie ist vor allem die größte Ausbaustufe der Garmin Varia-Micro-Radargeräte, die euch live via Audiosignal und Anzeige auf einem kompatiblen Radcomputer oder Smartphone anzeigen, ob und wo sich euch gerade Fahrzeuge von hinten nähern.
Kompatibel ist das Radar der Varia RCT716 aber nicht nur mit den meisten Radcomputern aus dem Hause Garmin, sondern über den ANT+-Standard auch mit etlichen Geräten anderer Hersteller – unsere Kollegen von Rennrad-News.de haben die Infos: Hier gehts zum Artikel Wahoo versteht jetzt Garmin Varia-Radar. Wir haben im Test, neben dem Betrieb mit einem Garmin Edge Explore 2, ausgezeichnete Erfahrungen mit aktuellen Geräten von Wahoo (Bolt V2 und Roam V2) gemacht, wobei sich deren Funktionsumfang auf die reine Nutzung des Radars beschränkt: Die Einstellungen der Varia müssen über einen Garmin-Radcomputer oder die Varia-App (hier für Apple iOS im App-Store und hier für Android im Google Play Store) am Smartphone vorgenommen werden.
- Bike Dashcam und Radar für hinten
- Besonderheiten Überholer-Radar, Rücklicht
- Videoqualität maximal 1080p @ 30 fps (?), 220°-Bildwinkel
- keine Bildstabilisierung
- Größe Video 170 MB/min @ 1080p
- Speicher 16-GB-Micro-SD (bis 128 GB unterstützt)
- Audioqualität schlecht. Gespräche sind auch in ruhiger Umgebung kaum zu verstehen, Körperschall dominant.
- Wasserdicht IPX7
- Gewicht 205 Gramm gewogen, mit Halterung.
- Unfallaufzeichnung optional, Datenüberlagerung optional und konfigurierbar
- Akkulaufzeit 5 h (Hersteller)
- Ladezeit 3 Stunden
- Licht 5 Lumen mit 2 seitlichen LED
- Preis (UVP) 399,99 €
- www.garmin.com
Garmin Varia RCT716 im Test
Die Varia ist das größte und mit ihren 205 Gramm auch das schwerste Gerät im Test. Ihre Halterung lässt sich an runden, an D-förmigen und an Aero-Sattelstützen sicher befestigen, das Gerät selbst wird dann mit einem Hebel arretiert. Wir vergeben hier einen dicken Pluspunkt für die mit Abstand stabilste Halterung im Vergleich. Ein weiteres Plus des Garmin-Geräts ist sein helles und auch von der Seite ausgezeichnet sichtbares Rücklicht, welches sich leider nur mithilfe eines gekoppelten Garmin Edge-Radcomputers getrennt von den anderen Funktionen abschalten lässt.
Kompliziert ist auch der Zugang zur Micro-SD-Speicherkarte unter einem Schraubdeckel. Lediglich 16 GB legt Garmin hier bei, das entspricht 95 Minuten Video in höchster Qualität. Unterstützt werden Karten von bis zu 128 GB – was mehr als 12 Stunden Videomaterial entspräche. Möchte man das Gefummel mit der Speicherkarte vermeiden, können Varia-Aufzeichnungen über die Varia-App auf dem Smartphone angesehen und gesichert werden, was in der Praxis leider ziemlich langsam vonstattengeht. Die Varia kann jedoch einfach, wie alle hier getesteten Geräte, über ihre USB-C Buchse an einen Rechner angeschlossen und dann als externer Datenträger ausgelesen werden.
Versucht man, mithilfe der Bedienungsanleitung zu verstehen, wie genau die Garmin Varia RCT716 funktioniert, stellen sich bald Kopfschmerzen ein: Zu viele Funktionen sind missverständlich oder gar falsch beschrieben, dokumentierte Features der internationalen Geräteversion wie verschiedene (hellere, blinkende) Lichtmodi sind beim in Deutschland zugelassenen Gerät nicht vorhanden, Längen von Videoclips nur für geschützte Aufnahmen einstellbar etc. Zudem, dämmert es uns beim Tüfteln mit den Funktionen, wohnen im Varia-Gehäuse eigentlich zwei beinahe getrennte Geräte: Radar und Dashcam führen irgendwie ihr jeweils eigenes Dasein, verfügen über eine eigene Funktionstaste und Kontroll-LED mit eigenen Farbcodes und Blinkmustern. Das macht es kompliziert, stiftet Verwirrung und lässt sich so richtig nur durch wildes Herumprobieren meistern. Manche Funktionen des Geräts sind gar nur über einen Garmin Edge Radcomputer zu nutzen. So richtig nutzer*innenfreundlich ist das leider nicht.
Garmin Varia RCT716 – das Überholer-Radar
Hat man sich erst einmal durch das verwirrende Setup der Varia gekämpft, macht die Spezialität des Garmin-Geräts richtig Spaß: Die Radarfunktion, welche sich von hinten nähernde Fahrzeuge, Autos, LKWs und sogar Fahrräder zuverlässig erkennt, per Audiosignal ankündigt und deren Anzahl und Entfernung auf dem Display eines kompatiblen Endgeräts – Radcomputer oder Smartphone – anzeigt, ist ein Knüller!
Was im lebhaften Stadtverkehr mit ständigem Bimmeln nervt, ist auf ruhigen Neben- und Landstraßen äußerst hilfreich, denn man bekommt genügend Vorwarnzeit, um sich etwa zum Straßenrand zu orientieren oder auch frühzeitig abzuschätzen, ob ein Überholer mit Engstellen oder dem Gegenverkehr in Konflikt kommen wird. Garmin gibt die Reichweite seines Varia-Radars mit 140 Metern an, im Test können wir das bestätigen. Warnungen und Entwarnungen kommen äußerst zuverlässig und ohne Verzögerung für alles, was sich von hinten nähert. Im Stand warnt das Gerät sogar vor Fußgänger*innen. Einzig sehr dicht hintereinander fahrende Fahrzeuge werden nicht immer auch einzeln erkannt. Gut für Fahrten in der Gruppe: Das Gerät ignoriert Fahrzeuge, die gleichbleibend hinter dir herfahren. Ist die Luft wieder rein, gibt die Varia grünes Licht (und ein akustisches Signal). Praktisch: Die Kameraaufzeichnung kann mit dem Radar gekoppelt werden: kein Überholer, kein Video.
Völlig unverständlich ist uns, warum sich das Rücklicht der Varia weder am Gerät noch über die Varia-App ausschalten lässt: Das kann nur ein gekoppelter Garmin Edge-Fahrradcomputer. Ansonsten gilt: Gerät an, Licht an. Auch tagsüber und wenn man eigentlich Strom sparen will. Gleiches gilt für die Radarfunktion: Nutzt man die Dashcam, läuft auch das Radar mit und bimmelt im Stadtverkehr, selbst auf einem baulich getrennten Radweg, für jedes schnellere Fahrzeug im ca. 40° breiten Erfassungsbereich. Willst du das nicht, hilft nur, das ganze Gerät – mitsamt der Dashcam – auszuschalten. Schade!
Wer sich nicht gleich eine komplette Dashcam zulegen möchte, hat auch die Möglichkeit, etwa mit der neuen Trek CarBack-Radar-Fahrradleuchte, sich erst mal nur ein Radar für herannahende Autos zu kaufen und damit durch audiovisuelle Signale vor überholenden Autos gewarnt zu werden.
Garmin Varia RCT716 – die Dashcam
Die Bildqualität der Garmin Varia RCT716 ist sichtlich schlechter als die der beiden Cycliq-Geräte. Trotz gleicher Auflösung und Dateigröße sind schon bei Tag und guten Lichtverhältnissen auf den Clips der Varia-Kamera weniger Details und mehr digitale Artefakte zu erkennen als bei der Cycliq Fly6: Autokennzeichen werden weniger gut lesbar dargestellt. Je dunkler es wird, desto deutlicher macht sich die suboptimale Videoqualität bemerkbar. Auch die Tonqualität des Garmin-Geräts ist bescheiden: Für laute Geräusche, Hupen oder Unfälle sollte die Aufnahmequalität wohl ausreichen. Normale Gespräche sind auch in vergleichsweise ruhiger Umgebung kaum zu verstehen.
In unserem Test hält der Akku des Geräts mit 6 Stunden und 32 Minuten deutlich länger durch als die von Garmin angegebenen 5 Stunden und damit auch eine Stunde länger als der der Cycliq Fly6.
Auf Wunsch kann die Varia Informationen zu Uhrzeit und Datum, bei verbundenem Garmin-Radcomputer auch Fahrgeschwindigkeit und GPS-Position direkt in das Video einblenden.
Preisvergleich Garmin Varia RCT716
Vergleichsbilder – Garmin RCT716 vs. Cycliq Fly6
Links immer die Cycliq Fly6, rechts die Garmin Varia RCT716
Tagsüber zeigt die Cycliq Fly6 (links) mehr Details und einen etwas engeren Bildwinkel als die Garmin Varia (rechts).
In Bewegung wird deutlich: Die Cycliq (links) scheint eine längere Verschlusszeit zu nutzen: Bewegungsunschärfen machen sich bemerkbar. Insgesamt liefert sie aber schärfere und detailreichere Bilder als die Varia (rechts).
Wird es dunkler, leidet die Bildqualität aller Testkandidaten enorm. Hier bleibt die Cycliq Fly6 (links) dennoch überlegen, liefert mehr Details (Straßenschild) und Schärfe, jedoch auch hier mehr Bewegungsunschärfe (Kopfsteinpflaster links unten im Bild) als bei der Varia (rechts).
Bike-Dashcams im Vergleich
Cycliq Fly12 Sport (front) | Cycliq Fly6 3rd Gen (rück) | Garmin Varia RCT716 Radar (rück) | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
Funktion | Dashcam und Licht –Front | Dashcam und Licht – Hinten | Dashcam, Licht und Radar – Hinten | |||
Unfallerkennung | Ja, bei Neigung <60° | Ja, bei Neigung <60° | Ja, über Sturzsensor | |||
Videoqualität max. | 4k @ 24 fps | 1080p @ 30 fps | 1080p @ 30 fps | |||
Tonaufnahme | Ja (gut) | Ja (ausreichend) | Ja (mangelhaft) | |||
Speichermedium | Micro SD bis 256 GB | Micro SD bis 256 GB | Micro SD bis 128 GB | |||
Speicher Lieferumfang/ Aufzeichnung in max. Qualität | 64 GB (1 h 20 min) | 64 GB (ca. 6 h) | 16 GB (ca. 1 h 30 min) | |||
Bildstabilisierung | 6-Achsen | Nein | Nein | |||
Laufzeit (Herstellerangabe) | 5 h Kamera, 4 h Licht und Kamera | 7 h Kamera, 6,5 h Licht und Kamera | 5 h Licht*, Kamera & Radar | |||
Laufzeit (gemessen @ 18°C) | 6 h 16 min Kamera ohne Licht | 5 h 27 min Dauerlicht Low und Kamera | 6 h 32 min Licht, Kamera & Radar. | |||
Ladezeit | 2 Std. | 1 Std. | 3 Std. | |||
Gewicht (gewogen, mit Halterung) | 167 g | 95 g | 205 g | |||
Steuerung über App | Ja | Ja | Ja | |||
Video-Preview über App | Nein | Nein | Ja | |||
Leuchte Helligkeit max. | 400 Lumen | 50 Lumen | 5 Lumen | |||
Licht seitl. Sichtbarkeit | Nein | Gering | Sehr gut | |||
Bremslicht | n/a | Nein | Nein | |||
Licht StVZO zugelassen | Nein, Blinkmodi abschaltbar | Nein, Blinkmodi abschaltbar | Ja | |||
Wasserdicht | IP56 | IP56 | IPX7 | |||
Usability, Bedienungsanleitung | sehr gut, sehr gut | sehr gut, sehr gut | kompliziert, teils falsch beschrieben | |||
Preis (UVP) | 359 €* | 269 €* | 399 € | |||
* zuzüglich 19 % Einfuhrumsatzsteuer | ||||||
Die drei Kandidaten in unserem Bike-Dashcam-Test sind zu unterschiedlich, um sie direkt miteinander zu vergleichen: Beide Cycliq-Dashcams trumpfen mit ausreichender Bild- und Tonqualität und ihrer klaren, übersichtlichen Bedienung, während die Garmin Varia RCT716 unseren Tester mit ihrem Radar und der höheren Akkulaufzeit sehr glücklich macht – aber bei ihrer Usability sowie Ton- und Videoqualität Federn lassen muss.
Meinung @ Nimms-Rad.de
Bike-Dashcams sind eine gute Erfindung für alle, die im autozentrierten deutschen Straßenverkehr mit dem Fahrrad unterwegs sind: Sie können zwar keine Unfälle verhindern, aber im Schadensfall durchaus entscheidende Beweise liefern. Alle drei getesteten Geräte sind technisch grundsätzlich geeignet für diese Aufgabe, aber nicht immun gegen schlechte Lichtverhältnisse.
Die Cycliq-Kameras sind, trotz ihrer fernen Herkunft, wohl die aktuell beste Lösung am Markt, was uns auch durch Nachfragen und Recherche in der Online-Fahrradcommunity bestätigt wird.
Garmin bekommt von uns dicke Pluspunkte für sein Radar zusammen mit Minuspunkten für die Bedienung, Beschreibung der Funktionen und Stimmigkeit der Bedienungsanleitung. Da die Garmin Varia im Vergleich auch bei der Videoqualität den Kürzeren zieht, können wir nicht widerstehen, darauf hinzuweisen, dass eine Cycliq Fly6 und ein reines Varia-Radargerät (RVR315) zusammen kaum mehr kosten als die große Varia RCT716. In einem solchen Setup könnte man dann auch Radar, Licht und Dashcam nach Herzenslust getrennt voneinander nutzen.
Was denkt ihr über Dashcams am Fahrrad: hilfreich, notwendig – oder unnützer Ballast?
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6 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumDie Bewertungen für die Cycliq Fly12 beim Amazonen sind ja gruselig.
Aber kaufen kann man die witzigerweise auch fast nirgends mehr - weiß jemand warum?
Anscheinend nur noch beim Hersteller selbst lieferbar
Kann das sein dass die das machen, um den schlechten Bewertungen zu entgehen?
Die Aufzeichnung des Kennzeichen alleine reicht nicht für einen rechtskräftigen Beweis dachte ich ?
Soweit ich vielen Tests entnommen habe haben alle Kameras eine schwäche darin den Fahrer imFahrzeug mit genügender Qualität aufzunehmen.
Ich schreibe es ungern nochmal: Aber traurig, dass es wegen der Rücksichtslosigkeit anderer Verkehrsteilnehmer:Innen so etwas überhaupt braucht.
Stand November 2024: Es wird keine Einfuhrumsatzsteuer bei Lieferung nach Deutschland fällig!
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