Dass E-Lastenräder und Lastenanhänger dem Auto einiges entgegenzusetzen haben, erzählen wir euch hier ja schon seit Längerem. Aber dass sie jetzt auch ganze Krankenhäuser ersetzen sollen, war selbst uns neu! Grund genug, einmal genauer hinzusehen, was und vor allem, wer hinter dem Mobile Hospital, das zukünftig durch die Londoner City rollen wird, steckt.
Wer steckt hinter dem Mobile Hospital?
Maßgeblich für die Umsetzung des Projektes verantwortlich war die Firma Velofracht aus Berlin. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Gewerbe auf das Lastenrad zu bringen. Dazu konstruiert und baut sie individuelle Lastenrad-Aufbauten für verschiedenste Gewerbe. So findet man in ihrem Portfolio etwa die rollende Touristeninformation, das Bar-Bike oder auch das Marketing-Fahrrad. Ab sofort kann die Berliner Firma von Co-Gründer Nico Jungel also auch die rollende Arztpraxis bieten. Zustande kam die Kooperation durch einen Freund, dessen Bekannter – ein Londoner Arzt – mit der Idee zu ihm und so zu Velofracht kam.
Montiert werden die Aufbauten auf einem dreirädrigen Lastenrad der Kölner Lastenradmarke Chike, die bereits auf der letzten Eurobike ein Cargobike mit einem besonderen Use-Case präsentierte. Das E-Cargo ist durch seine dreirädrige Konstruktion für relativ hohe Lasten ausgelegt und qualifiziert sich darüber hinaus durch einen sicheren Stand und die intuitive Lenkung, dank Neigetechnik. Doch damit noch nicht genug: Die dritte deutsche Firma im Bunde ist Carla Cargo. Die Anhänger-Spezialisten liefern den Lagerraum und die Liegefläche für die rollende Arztpraxis. Bis zu 200 kg an Last kann der Lastenanhänger mit elektrischer Unterstützung transportieren, was ihn sonst vor allem für das Logistikgewerbe qualifiziert.
Mobile Hospital – Der Einsatzzweck
Von der Versorgung Obdachloser und Drogenabhängiger, über Hausbesuche bei älteren und nicht mobilen Menschen oder Einsätze bei Veranstaltungen wie z.B. einem Marathon – die Einsatzbereiche eines Krankenhaus-Lastenrades sind vielfältig. Den designierten Einsatzzweck des ersten Arzt-Lastenrades für das University College Hospital London beschreibt der Londoner Arzt Indrajit Ghosh so:
Das neue, wendige E-Lastenrad ermöglicht den Zugang zu Parks, Wohnheimen, Suppenküchen und Wohnungen. Es fährt unter Brücken und anderen schwer zugänglichen Stellen auf der Straße und bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen an, darunter Tests auf durch Blut übertragbare Viren, Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose und HIV, Impfungen und vieles mehr.
Und wie darf man sich so eine Untersuchung in der mobilen Klinik vorstellen? Der größte Unterschied liegt wohl darin, dass diese im Freien passiert. Die Privatsphäre der Patient:innen wird dabei beim alleinigen Einsatzes des Arzt-Lastenrades mithilfe eines Pop-up Paravents gesichert. Fährt der Anhänger mit, kommt ein Schnelleinsatzzelt aus dem Katastrophenschutz hinzu: mit Dach und vier Wänden stehen dann 12 m² Raumfläche zur Verfügung.
Arzt-Lastenrad: Bald auch in Deutschland?
Auf die Frage, was das mobile Krankenhaus koste, kann Nico Jungel im Interview mit Flux FM keine genaue Antwort geben, da ja schon einzelne medizinischen Geräte an die 60.000 € kosten würden. Worauf er aber eine ziemlich konkrete Antwort geben konnte, war die Frage, ob wir diese herausragende Erfindung, made in Germany, bald auch auf deutschen Straßen – beispielsweise in der Obdachlosenhilfe – sehen würden.
Jungel habe nach Bekanntmachung des Mobile Hospitals eine Präsentation in Berlin gehalten und konnte sich danach kaum vor Anfragen retten, sagt er weiter im Interview. Konkret arbeitet Velofracht aktuell etwa mit dem Berliner Fixpunkt e.V. zusammen an einer Version des Mobile Hospitals für den Einsatz in der Drogenhilfe und Gesundheitsförderung. Denn auch in deutschen Großstädten, wie Berlin sind die Vorteile eines micromobilen Krankenrades im Vergleich zu einem Krankenwagen, beispielsweise für den Einsatz in Parkanlagen, nicht von der Hand zu weisen – sie sind dort einfach schneller und unkomplizierter am Ort des Geschehens.
Eine großartige Erfindung, wie wir finden – was sagst du zum Mobile Hospital?
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