STVZO-Verschärfung für Fahrradanhänger Bald nur noch 50 kg Gesamtgewicht für Anhänger?

Ein Hersteller für Fahrradanhänger warnt in einer öffentlichen Stellungnahme davor, dass infolge einer geplanten STVZO-Verschärfung Fahrradanhänger künftig ein maximales Gesamtgewicht von 50 kg nicht mehr übersteigen dürften, sofern sie kein "eigenes Auflaufbremssystem" besäßen. Alle Einzelheiten dazu im Artikel.
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Gewichtsbegrenzung für Fahrradanhänger

In jüngster Vergangenheit berichteten wir hier bereits über positive Neuerungen im Bereich der STVZO, doch die News, die uns nun erreichen, sind eher alarmierend: Wie die Hinterher GmbH, Hersteller von Fahrradanhängern, nun in einer Pressemitteilung schreibt (Pressemitteilung Hinterher Fahrradanhänger: Massive Verschärfung der STVZO geplant) plant das Bundesverkehrsministerium wohl eine erhebliche Verschärfung der Regelungen für Fahrradanhänger. Zukünftig dürften diese maximal 50 kg Gesamtmasse aufweisen, andernfalls sei ein eigenes Auflaufbremssystem erforderlich, wie es etwa der kürzlich vorgestellte Carla Mini Lastenanhänger hat. Dies bedeute beispielsweise, dass ein zweisitziger Kinderfahrradanhänger wie der Qeridoo Kidgoo 2 (zum Test des Qeridoo Kidgoo 2) mit einem Eigengewicht von 15 kg nur noch 35 kg Zuladung tragen dürfte, was leicht durch zwei ältere Kinder überschritten wird. Auch der Transport von zwei Bierkästen würde die 50-kg-Grenze schnell überschreiten, ganz zu schweigen von größeren Hunden oder Materialtransporten. Seit Anfang Januar versuchen die Hinterher GmbH und Interessengruppen, das Ministerium und das Bundesamt für Straßenwesen (BAST) zu beeinflussen, bisher ohne Erfolg. Selbst Testfahrten konnten die Verantwortlichen nicht umstimmen.

Die neuen Vorschriften befinden sich bereits in der Rechtsförmlichkeitsprüfung und müssen noch vom Bundestag verabschiedet werden. Verschiedene Verbände arbeiten gegen diese Verschärfung und planen, in der kommenden Woche Stellungnahmen und Pressemitteilungen zu veröffentlichen. Sie rufen dazu auf, das Bundesverkehrsministerium zu kontaktieren und politisch aktiv zu werden. Weitere Maßnahmen wie erhöhte Verzögerungsleistungen für Fahrräder und eine deutliche Breitenbegrenzung für Lastenfahrräder und Anhänger stehen ebenfalls im Raum.

Offizielle Stellungnahme von Hinterher


Geht es nach Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und dem von ihm geführten BMDV, das sich bereits in der Vergangenheit nicht übermässig durch fahrradfreundliche Politik ausgezeichnet hat, dürfen Eltern ihre zwei Kinder zukünftig nicht mehr mit dem Fahrradanhänger transportieren. Auch der Transport von zwei Bierkästen wird mit dem Fahrradanhänger nicht mehr möglich sein. Der Grund: Die massive Verschärfung der Vorschriften für Fahrradanhänger und deren zukünftig auf nur 50 kg begrenztes Maximalgewicht. Ab 50 kg Gesamtmasse müssen Fahrradanhänger laut Wissings Verkehrsministerium zukünftig über ein teures und komplexes automatisches Bremssystem verfügen, wie es derzeit nur bei teuren Profi-Anhängern (und natürlich im Massenmarkt der KFZ-Anhänger) zu finden ist. Damit verschwinden zweisitzige Kinderanhänger und Lastenanhänger entweder komplett vom deutschen Markt oder sie werden massiv teurer.

Besonders beschämend ist dabei, dass es keinerlei Hinweise auf eine vermeintliche Gefährlichkeit von Fahrradanhängern in den Unfallstatistiken gibt. Weder die Versicherungswirtschaft, Hersteller, Kunden, Verbraucherschützer oder der Gesetzgeber haben bisher den Fahrradanhänger als gefährlich eingestuft, ebensowenig wie Millionen von Eltern, die ihre zwei Kinder damit täglich transportieren. Während tonnenschwere Autos und LKWs im Zentimeterabstand an Fahrradfahrern und Fußgängern mit 50 km/h vorbeifahren dürfen, soll der Fahrradanhänger plötzlich ein Risiko sein, das massiv beschränkt werden soll? Zudem gibt es demnächst eine europäische Norm, die Anhänger ohne Bremssystem bis 100 kg erlaubt. Zur Erinnerung: Wissing will hier einen deutschen Sonderweg einschlagen und gerade mal die Hälfte davon in Deutschland zulassen.

Eine solche Reglementierung eines Sektors, der bisher kaum einer Reglementierung bedurfte und zu der es offensichtlich auch keine Notwendigkeit gibt (bis zu einem Gewicht von 100 kg, was tatsächlich eine Art magische Grenze für die Fahrradtechnik darstellt), würde die dringend notwendige Verkehrswende massiv ausbremsen. Mit der neuen Reglementierung wäre es in Zukunft praktisch unmöglich, irgendwelche nennenswerten Transporte ohne Auto zu erledigen – ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem auf breiter Front erkannt wird, das es so mit dem Autoverkehr nicht weitergehen kann. Es gibt in Deutschland über 84 Millionen Fahrräder. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, ein solches, für alle Bevölkerungsschichten erreichbares und bezahlbares Transportmittel zu erhalten. Die gesellschaftlichen Vorteile des Fahrrads sind ausreichend belegt. Für die dringend notwendige Verkehrswende ist das Fahrrad ein zentraler Baustein und der alltägliche Transport gehört nun einmal entscheidend dazu!

Als Hersteller von Lastenanhängern sind wir entsetzt, wie durch eine völlig grundlose und durch nichts zu rechtfertigende Verschärfung der STVZO der deutsche Markt quasi über Nacht erledigt wäre und in eine Sonderrolle innerhalb der EU getrieben wird. Ausgerechnet das FDP-geführte Ministerium führt mehr Bürokratie und Regelungen für etwas ein, dass nachweislich seit Jahrzehnten sicher in Deutschland funktioniert hat und funktioniert. Ginge es wirklich um mehr Sicherheit für die schwächsten Verkehrsteilnehmer, müsste die Fahrradverkehrsinfrastruktur umgehend massiv ausgebaut und Tempo 30 in Städten als Regelgeschwindigkeit eingeführt werden.

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Infos: Hinterher GmbH | Bild: Tobias Stahl

45 Kommentare

» Alle Kommentare im Forum
  1. bin eher für so wenige Vorschriften wie möglich... aber ich sehe auch ein, dass dies in manchen Belangen durchaus Sinn machen kann. Ich weiss nicht, wie die Politik gerade auf Anhänger gekommen ist... aber vielleicht ist das Problem größer als wir es uns hier in unserer Bubble vorstellen können?
    Ich glaube du gehst eher der ursprünglichen Intention der Ablenkung auf den Leim und verteidigst durch bloße Spekulation eine Initiative, für die es keinerlei relevanten Statistiken gibt, die so ein Vorhaben notwendig machen oder rechtfertigen würden. Ergo verfolgen hier bestimmte Interessengruppen eine ganz eigene Agenda. Die vielen regionalen Radentscheide und der daraus entstehenden Druck auf die Politik zum Handeln „gezwungen“ zu werden, führt nun zu verstärkten Gegenbewegungen. Es geht darum das Fahrrad unattraktiv zu machen. Regelungen zu den Bremsen wären das Aus für viele Hersteller und zu der Transportlast eine Bremse für viele, die überlegen ihren Alltag künftig ohne Auto zu bestreiten.
  2. Homo Sapiens "Germanikus Hysterikum" wird wieder angesprochen.

    Problem bei bestimmten Gesetzen oder Regelungen ist deren Überprüfbarkeit.

    kein Ordnungshüter wird mit Waage am Radweg stehen,
    höchstens beim Unfall das Gefährt begutachten müssen.

    Aber die Hersteller sind dann wieder in der Pflicht iwas abzuändern, was das Produkt unatraktiver macht.

    aber ganz ehrlich, egal wieviel man auch dem Fahrrad an Regelwerk entgegen werfen will,
    es ist gegen die wirtschaftliche Bedeutung zum PKW/LKW ein Witz.
    drum uninterressant.

    warum also mache Vorschriften erlassen werden sollen, ist fraglich.

    und zB. die Pflicht von Refektoren am Fahrrad unterliegt auch keiner fundierten Studie zum Vergleich mit oder ohne ists sicherer 😉

  3. Wer was gegen diesen Anti-Verkehrswende-Vorschlag tun will: https://weact.campact.de/petitions/nein-zu-deutschen-sonderregeln-fur-fahrradanhanger

  4. Der Spiegel berichtet, Wissing hätte wegen massiver öffentlicher Widerstände den Vorschlag wieder zurückgenommen.

  5. ... wegen massiver öffentlicher Widerstände den Vorschlag wieder zurückgenommen.
    Das ist das typische populistische Vorgehen: Erst mal einen Raushauen und schauen, wie die Reaktionen sind und ggfs. relativieren od. - wenn es ganz schlecht läuft - zurücknehmen. Kennt man nur zu gut von den Blauen (mit dem roten Penis).
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