Gezielter Einbruch bei AT Zweirad
Aktuell beherrschen Meldungen über volle Lager die Schlagzeilen. Aber die Produktionsplaner der Fahrradhersteller müssen noch immer mit Engpässen bei bestimmten Komponenten und Teilen rechnen. Die Ware ist begehrt, und das dürfte Einbrecher zur Firmenzentrale von AT Zweirad in Altenberge bei Münster/Westfalen geführt haben. Dabei drangen die Täter über das Dach des Gebäudes durch ein Oberlicht ein und verursachten einen Schaden von über 70.000 Euro. Laut AT Zweirad wurden gezielt Premium-Dämpfer für vollgefederte Fahrrad- beziehungsweise E-Bike-Rahmen der „FEB“-Serie von Velo de Ville gestohlen. Dabei handelte es sich um 600 Stück des Typs „Deluxe SEL R“ von Rock Shox mit Einbaumaß 170×35. Die Seriennummern der entwendeten Federbeine können online heruntergeladen werden (Link). Dank des flexiblen Einkaufs hatte der Einbruch laut AT Zweirad keine signifikanten Verzögerungen bei der Auslieferung von „FEB“-Modellen zur Folge.
Canyon holt weitere Expertise an Bord
Bei Canyon wurden um den Jahreswechsel hinweg gleich zwei wichtige Posten neu besetzt. Mit Alison Jones als Chief Operating Officer zeichnet seit Dezember eine ehemalige Radsportlerin neu für das Tagesgeschäft des Koblenzer Direktversenders verantwortlich. Jones bringt 20 Jahre Erfahrung im globalen operativen Geschäft und in der strategischen Führung von Unternehmen mit in die neue Aufgabe. Ihr umfassendes Verständnis von Lieferkettenprozessen und strategischer Beschaffung kommt in diesen Zeiten wie gerufen. Seit dem Jahreswechsel steht zudem mit Sebastian Maag ein bekanntes Gesicht in Diensten von Canyon. Nach Stationen in den Bereichen Fachhandels-Schulung, Marketing und PR bei Specialized sowie bei YT Industries wird Maag als Global Category Manager Mountain Bike die weitere Entwicklung eines Kernsegments von Canyon wesentlich mitbestimmen – zweifellos eine reizvolle Aufgabe.
Investoren-Karussell dreht sich weiter
Die Meldungen zu Übernahmen und dem Einstieg von Investoren bei Unternehmen der Fahrrad-Industrie rissen auch über die Feiertage nicht ab. So übernahm Cytech, mit der Marke „Elastic Interface“ ein wichtiger Lieferant von Sitzpolstern, den ebenfalls italienischen Anbieter Pasasport. Dieser in der Provinz Verona heimische Hersteller hat sich einen guten Namen als Auftragsproduzent von Handschuhen und Schuhüberzügen für verschiedene Sportarten gemacht und verfügt über drei Produktionsstätten, die in Italien, Tunesien und Rumänien liegen.
Beim Carbon- und Rennrad-Spezialisten 3T ist das junge Beteiligungsunternehmen UTurn Investments der neue Mehrheitseigner. Ein wichtiges Argument für den Einstieg bei 3T war laut UTurn Investments, dass das Unternehmen daran arbeitet, die Carbonfertigung aus Fernost zurück nach Italien zu bringen. Zudem vermeldet der englische Sportschneider Le Col, dass mit Puma Private Equity ein bestehender Investor weitere 5,5 Millionen Britische Pfund zur Verfügung gestellt habe. Derselbe Investor hatte bereits 2018 und 2020 kleinere Beträge in Le Col investiert. Und die zusätzlichen Mittel kommen wie gerufen, um das zuletzt starke Wachstum und die Expansion in weitere Märkte abzusichern.
Auch der Berliner Cargo-Spezialist Ono Motion hat sich erfolgreich um weiteres Kapital bemüht: Eine erste Finanzierungsrunde brachte 6 Millionen Euro, und zusammen mit der GLS-Bank wurde sogleich eine weitere Anleihe im Umfang von 15 Millionen Euro gestartet. Das Unternehmen will mithilfe des zusätzlichen Kapitals beim Umsatz zulegen und zugleich die Kapazität der in Berlin erfolgenden Fertigung der Lasten-Dreiräder sowie deren Vertrieb ausbauen.
Britische Investoren vor Einstieg bei Vittoria
Auch Vittoria bekommt bald einen neuen Mehrheitseigner. Denn der niederländisch-italienische Reifenhersteller hat noch im alten Jahr eine verbindliche Absichtserklärung mit der in London ansässigen Finanzgesellschaft Telemos Capital unterzeichnet. Unter dem neuen Mehrheitseigentümer will Vittoria die Pläne für die internationale Expansion wie die Entwicklung neuer Produkte nochmals beschleunigen. Telemos Capital ist in der Sportbranche kein unbekannter Name: Im April 2021 übernahmen die Briten bereits den Outdoor-Ausrüster Mammut.
Prophete und Cycle Union in rauem Wasser
Kurz vor Weihnachten sorgte die vorübergehende Insolvenz des deutschen Fahrradproduzenten Prophete und des Tochterunternehmens Cycle Union für Schlagzeilen. Immerhin standen damit an den Standorten Rheda-Wiedenbrück und Oldenburg rund 400 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Im Januar meldeten verschiedene Medien, dass eine Cyberattacke das operative Geschäft beider Unternehmen im November 2022 lahmgelegt und damit maßgeblich zur misslichen Lage beigetragen habe. Ein Blick auf die Geschäftsabschlüsse der vorangehenden Jahre legt allerdings nahe, dass die Unternehmen auch in fetten Jahren nicht genug Reserven anlegen konnten, um für ein raueres Klima gewappnet zu sein. Immerhin meldet Insolvenzverwalter Manuel Sack ein reges Interesse: Die Rede ist von bis zu zehn Kaufinteressenten. Angesichts der modernen Fertigungsstätte von Cycle Union in Oldenburg ist das nicht weiter überraschend, passt diese doch bestens zum Reshoring-Trend – also dem Bestreben, einen größeren Teil der Fertigung näher an die Absatzmärkte und zurück nach Europa zu bringen.
Benno Bikes streckt Fühler nach Deutschland aus
Wie lässt sich der Transport von Kindern, Einkäufen und anderer Zuladung mit dem Velo vereinfachen? Wenn es nach Benno Bikes geht, braucht es dafür robuste E-Bikes mit verlängertem Hinterbau und für den Alltagseinsatz optimierter Sitzposition nebst Gepäckträgern vorne wie hinten. Bei einem moderaten Fahrzeuggewicht von 27 Kilogramm lassen sich bis zu 100 Kilogramm Zuladung auf Benno Bikes packen (Fahrer exklusive). Die Vorzüge der „Etility“-Räder (ein Wortspiel mit dem „e“ von E-Bikes und „utility“ als dem Begriff für Alltagsräder in den Vereinigten Staaten) mit Bosch-Hilfsantrieben werden nun auch für ein breiteres Publikum in Deutschland erhältlich. Denn Benno Bikes hat noch vor dem Jahreswechsel eine Vereinbarung mit Bike & Co getroffen. Dadurch bekommen die urigen Lasten-E-Bikes Zugang zu rund 750 Fachhändlern in Deutschland.
Giant Group steigt bei Stages Cycling ein
Noch vor Beginn der Ferien zum asiatischen Neujahr gab der Vorstand der Giant Group grünes Licht für den Einstieg des nach Umsatz größten Fahrradherstellers der Welt bei Stages Cycling. Für 6,5 Millionen US-Dollar erwerben die Taiwaner 32,5 Prozent der Anteile am Unternehmen. Zudem steckt die Giant Group weitere 13,5 Millionen US-Dollar in wandelbare Unternehmensanleihen beim US-amerikanischen Sport-Elektroniker. Mit dieser Investition verfolgt die Giant Group zwei Ziele: Erstens geht es um die Entwicklung eines eigenen Eco-Systems aus Sensoren und Wattmessung, und zweitens um die Erschließung des Indoor-Fitnessmarkts, auf dem Stages Cycling seit einigen Jahren mit dem stationären „Smart Bike“ aktiv ist.
Van Moof in ernsthaften Problemen
Mit optisch eigenwilligen, durchgestylten E-Bikes für die Stadt und dem Direktvertrieb über das Internet hat der niederländische Anbieter Van Moof einige Trends gekonnt bespielt. Auch bei der Konnektivität und digitalen Gimmicks wie dem sehr lauten Diebstahl-Alarm konnten die kantigen Stadtflitzer punkten. Das brachte dem Unternehmen im Frühjahr 2021 noch 128 Millionen Euro an Kapital verschiedener Investoren ein. Aber die vielen eigenständigen Lösungen und der Verkauf übers Internet ohne Servicenetz brachte das Unternehmen auch in Probleme: Im Jahr 2021 schaffte es Van Moof, bei einem Umsatz von 83 Millionen Euro stolze 78 Millionen Euro Verlust einzufahren – im Kern wegen der Service-Problematik. Die beiden Gründer Taco und Ties Carlier läuteten darum die Alarmglocken und wiesen darauf hin, dass das Bestehen des Unternehmens über das erste Quartal des Jahres 2023 ohne weitere Kapitalspritze nicht gewährleistet sei. Gemäß einer Meldung der niederländischen Fachpublikation Financieel Dagblad haben sich bestehende Aktionäre darauf bereit erklärt, die nötigen Mittel in nicht genannter Höhe bereitzustellen.
Douze Cycles: Kooperation mit Toyota France
SRAM investiert in Taiwan
Während viele Akteure der Fahrradindustrie neue Fabriken in Vietnam aufbauen, setzt SRAM einen eigenen Akzent: Der amerikanisch-taiwanische Komponentenhersteller kündigt den Bau einer neuen Fertigungsstätte in Taichungs nördlichem Tanzi-Distrikt an. Ab dem Jahr 2024 sollen alle Produktionsschritte in Taiwan an diesem Standort konzentriert werden. Von diesem Schritt verspricht sich SRAM Vorteile bei der Effizienz, der Produktivität und der Qualität – wichtige Kriterien für die Wettbewerbsfähigkeit im hart umkämpften Erstausrüstungsmarkt. Denn bisher fertigt SRAM an drei Standorten in Taichung, und das zum Teil in angemieteten Gebäuden. Stan Day kommentiert die Investition in Taichung als Mitgründer und Vorstandsvorsitzender von SRAM wie folgt: „Ich freue mich sehr über diese Investition. Die Menschen in Taiwan sind außergewöhnlich, und sie sind ein integraler Bestandteil der Lieferkette der Veloindustrie. Darum erhöhen wir gerne die Kapazitäten für die Fertigung unserer Produktlinien in Taiwan, denn dieser Standort steht für Produktivität und Qualität.“
Frischer Wind aus Indien – via Schweiz
Mit dem Jahreswechsel übernahm die indische TVS Group die letzten 20 Prozent der Anteile an der Swiss E-Mobility Group (SEMG) von Constellation Capital. Die SEMG ist mit den Eigenmarken Cilo, Allegro, Simpel und Zenith am Markt unterwegs und verfügt zudem dank der M-Way-Kette über ein Netz von 32 Verkaufspunkten für E-Bikes und Zubehör in der Schweiz. Zudem ist die TVS Group auch Mehrheitsaktionär am E-Bike-Anbieter Ego Movement. Die Inder gehören weltweit als TVS Motor zu den fünf größten Motorrad-Produzenten. Und sie betrachten die Schweiz, Deutschland und Österreich als die innovativsten Märkte in Sachen E-Bikes und setzen daher auch hier den Hebel an, um Teil dieses dynamisch wachsenden Markts zu werden. In den kommenden Jahren will die TVS Group mit der SEMG den europäischen E-Bike-Markt aufmischen. Und hat dafür mit Frank Simon Aeschbacher auch gleich noch einen neuen CEO an Bord geholt, der zuvor für die Cycle Union in gleicher Funktion tätig war.
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Mehr Bike Biz Backstage gibt es hier:
- Bike Biz Backstage – Februar 2023: 600 Dämpfer in Münster geklaut
- Bike Biz Backstage – Dezember 2022: Hätte, hätte, Lieferkette
- Bike Biz Backstage – Oktober 2022: Mehr Fertigungskapazitäten, neue Firmensitze und ein Großbrand
- Bike Biz Backstage – Juni/Juli 2022: Übernahmen, Kooperationen und mehr – von Accell bis Specialized
- Bike Biz Backstage – Mai 2022: Hickhack um eine Übernahme
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