Windräder machen krank, das Abschalten von Atomkraftwerken führt zum Blackout und Projekte zur Verkehrsberuhigung legen Innenstädte lahm: Gegner:innen progressiver Politik sind bekanntermaßen so kreativ wie wenig wählerisch in ihren oft hanebüchen Behauptungen über die Folgen von Transformation. Eine Auswertung verschiedener internationaler Studien zeigt nun – Verkehrsberuhigung in Städten liefert mehr Lebensqualität und mehr Mobilität.
Kontroverse um Verkehrsberuhigung
Verkehrsberuhigungsmaßnahmen stehen aktuell im Zentrum teils hitziger und nicht immer faktenbasierter Debatten. So hatte der neue, CDU-geführte Senat in Berlin kürzlich etwa einen Großteil aller Berliner Radwegeprojekte bis auf weiteres gestoppt (Berliner Radwegestopp gestoppt: Verkehrssenatorin lenkt ein). Und während Städte wie Paris oder Kopenhagen längst bewiesen haben, dass progressive Mobilitätskonzepte die Zukunft sind, wir in Deutschland noch oft genug erbittert an autozentrierter Verkehrspolitik festgehalten.
Während Gegner:innen neuer Verkehrskonzepte etwa behaupten, verkehrsberuhigte Zonen seien schlecht für anliegende Geschäfte und verlagerten lediglich den motorisierten Individualverkehr in benachbarte Straßen, zeigt eine Analyse des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) nun eine ganz andere Perspektive.
Difu belegt: Entlastung statt Kollaps
Das Difu hat in seiner jüngsten Untersuchung verschiedene Studien sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland ausgewertet. Das überraschende Ergebnis: Statt eines Verkehrskollapses führen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen tatsächlich zu Entlastungseffekten im Straßenverkehr. Die Ergebnisse wurden nun im Difu Policy Paper „Verkehrsberuhigung: Entlastung statt Kollaps“ veröffentlicht.
Die Forschungsergebnisse
Laut Uta Bauer, der Projektleiterin beim Difu, treten die oft behaupteten negativen Auswirkungen der Verkehrsberuhigung in der Regel nicht ein. Diese Analyse ist Teil des von der EU und dem Bundesforschungsministerium unterstützten Projekts „TuneOurBlock“.
- Positive Auswirkungen: Wenn Straßen in verkehrsberuhigte Zonen umgebaut werden, führt dies zu mehr Lebensqualität und gleichzeitig zu mehr Mobilität.
- Traffic Evaporation: Ein interessantes Phänomen, das in vielen Studien beobachtet wurde, ist die sogenannte „traffic evaporation“. Hierbei vermindert sich das Verkehrsaufkommen insgesamt nach Maßnahmen der Verkehrsberuhigung.
- Verkehrsrückgang: Untersuchungen zeigen, dass das Verkehrsaufkommen je nach Projekt um 15 bis 28 % in der Fläche, 25 bis 69 % in Innenstädten und 4 bis 52 % im Umfeld einzelner Straßen zurückgeht.
Die Untersuchung zeigt, dass Maßnahmen, die den Autoverkehr in den Kommunen zähmen, im erwünschtem Sinne wirken: Mehr Lebensqualität und zugleich Mobilität. Daher gilt es, diese Ergebnisse auch in Kommunalpolitik und -verwaltung stärker zu berücksichtigen. Insbesondere in der Modellierung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen sollten die beschriebenen Effekte berücksichtigt werden.
Uta Bauer, Difu Projektleiterin
Die Rolle der Mobilität
Neben der Verringerung des Autoverkehrs hat die Verkehrsberuhigung auch positive Auswirkungen auf andere Verkehrsträger. Insbesondere wurde festgestellt, dass mehr Menschen zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren. Dies führt dazu, dass der restliche Verkehr flüssiger abläuft und somit für alle Verkehrsteilnehmer Vorteile bringt.
Difu Analyse im Volltext
Fazit
Die Untersuchungen des Difu legen nahe, dass Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nicht nur effektiv sind, sondern auch zu einer insgesamt verbesserten Lebensqualität und Mobilität beitragen. Es wäre daher wünschenswert, diese Erkenntnisse stärker in kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen.
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