Wie funktioniert ein E-Bike-Akku?
Jan Hetzel, Geschäftsführer von accundu, entwickelt und baut seit 2006 Akkus. Er steht uns zusammen mit weiteren Akku-Experten für diesen Ratgeber geduldig Rede und Antwort.
Akkumulatoren, kurz „Akkus“ genannt, sind wiederaufladbare, elektrochemisch basierte Speicherzellen für elektrische Energie und essenziell, um Motorsysteme moderner E-Bikes mit Energie zu versorgen. Ganz oberflächlich betrachtet besteht ein moderner Akku-Block eines E-MTBs oder E-Bikes aus etlichen zusammengeschalteten, meist zylindrischen Lithium-Ionen-Zellen, einem Batterie-Management-System (BMS) und einem Gehäuse, um alle Teile sicher beieinanderzuhalten und sie gegen Umwelteinflüsse zu schützen. Einen Zusammenschluss kleiner Einheiten zum Zwecke der Bündelung ihres Effekts nennt man übrigens, aus dem Militärjargon kommend, eine Batterie.
In den einzelnen Zellen eures Akkus befindet sich, so verrät uns Jan, ein Elektrolyt, welches als leitfähiges – und leider auch brennbares Medium den Fluss von Ionen zwischen den Polen der Zelle ermöglicht. Die beim Laden aufgenommene elektrische Energie wird elektrochemisch gespeichert und kann elektrisch wieder abgeben werden. Maßgeblich ist hier das Metall Lithium – weil es so schön reaktionsfreudig ist.
Wer es ganz genau wissen will: In diesem Video wird der innere Aufbau und die Funktionsweise eines modernen E-Bike-Akkus schön erklärt.
Können E-Bike-Akkus brennen?
Machen wir es mal kurz: Ja! Der Akku eures E-Bikes oder E-Mountainbikes ist ein ziemlich großer Energiespeicher. Und dieselbe Energie, die euch planmäßig, elektrisch, über schöne Trails oder lange Touren schaukelt, kann auch außerplanmäßig – dann als thermische Energie und dabei recht schnell – an die Umwelt abgegeben werden. Das ist dann ein Brand. Misslich: Wenn eine Zelle im Verbund „thermisch durchgeht“, also temperaturbedingt außer Kontrolle gerät, kann sie intakte Nachbarzellen mit in den Tod reißen und so in einer Kettenreaktion das ganze Paket entzünden. Und weil bei Bränden Gase entstehen, die, in Gehäuse eingesperrt, Überdruck zur Folge haben, besteht auch die Möglichkeit, dass Akkuzellen infolgedessen explodieren. Aber wie wahrscheinlich ist so etwas? Kann man Akkubrände verhindern oder vermeiden? Wie schlimm ist ein Akkubrand und wie kann man die Auswirkungen solcher Ereignisse minimieren?
Welche Ursachen führen zu brennenden Akkus?
Unangenehm wird es immer dort, wo gespeicherte Energie außerplanmäßig freigesetzt wird. Da unterscheiden sich Akkuzellen gar nicht mal so sehr von – sagen wir – einem Kanister voll Benzin, weshalb ja Akkus, genau wie fossile Treibstoffe, als Gefahrgut klassifiziert sind. Wusstet ihr, dass auf deutschen Straßen jährlich rund 15.000 (Verbrenner-)Pkw brennen? Und wo wir schon bei stumpfen Vergleichen sind: Wer von euch würde ein paar Liter Super-Plus in einer ollen Plastiktüte unklarer Herkunft in der Diele lagern? Genau …! :-)
Eine 100 % eigensichere Variante gibt es bei Lithium-Ionen-Akkus nicht. Und leider werden die Produktion, der Import und die Qualität von Akkupacks und Einzelzellen nicht so streng wie bei Pkw und Kraftstoff überwacht und unterliegen keiner ständigen Kontrolle.
Jan Hetzel
Brandursache Produktionsfehler
Baut schon der Hersteller der Zellen bei deren Fertigung Mist, bekommt ihr als Nutzer*innen möglicherweise ein Problem: Zu enge Hüllen, geknickte Elektroden, fehlerhafte Schweißpunkte, fehlende Isolierungen … die Ursachen für Produktionsfehler sind so vielfältig wie Akkuzellen kompliziert. Fehlerhafte Akkuzellen können sich – durch interne Kurzschlüsse – selbst entzünden. Fehlerhafte oder schlecht konzipierte Akkupakete können das ebenfalls. Werden Akkupakete mit minderwertigen Batterie-Management-Systemen bestückt oder versagen diese, sind die Zellen nicht mehr vor z. B. Überladung geschützt. Jan Hetzel weiß zu berichten, dass dies eine Ursache für brennende Akkus sein kann. Moderne BMS sind im besten Falle hochwertige und recht aufwendige Schaltungen. Bei sehr preisgünstigen Akkus dubioser Herkunft fallen diese oft weniger komplex und betriebssicher aus. Bei denen kann man, wenn es schlecht läuft, irgendwann mal die Hand ins Feuer legen. Auch hier gilt die alte Faustregel, dass potenziell gefährliche Gegenstände besser aus vertrauenswürdigen Quellen stammen sollten. Liest man Meldungen über abgebrannte Akkus, findet man oft Geräte oder Fahrzeuge dubioser Herkunft als Ursache.
Brandursache Akkudesign
Ein weiterer Aspekt für die Sicherheit eines Akkus ist dessen Konfektionierung: „Beispielsweise werden einem E-Bike-Akku beim Bergauffahren relativ große Ströme entnommen. Der Akku kann sich dabei ziemlich erwärmen. Damit Luft zwischen den Zellen zirkulieren kann, sollten deswegen Zellhalter verbaut werden. Diese praktischen Bauteile halten die Zellen in einem kleinen Abstand, die Wärme kann besser abfließen. Früher wurden in E-Bikes allerdings Akkus aus eng gepackten Lithium-Polymer-Zellen-Sandwiches verbaut. Die Hitze konnte nicht abfließen und die Akkus haben schnell den Geist aufgegeben“, erklärt uns Akku-Experte Jan. Ein solches thermisches Durchgehen kann bei manchen Akkutypen bereits ab 60° Celsius stattfinden. Es empfiehlt sich insofern, besonders zur warmen Jahreszeit, nicht, E-Bike-Akkus oder ganze E-Bikes in der prallen Sonne zu grillen.
Brandursache unsachgemäße Nutzung
Jetzt wird es spannend, Freunde: Zu unserer grenzenlosen Überraschung können auch Kundinnen und Kunden einen eigenen, wertvollen Beitrag zu brennenden oder explodierenden Stromspeichern liefern. Versucht man beispielsweise alte und/oder tiefentladene Akkus frankensteinmäßig wiederzubeleben, setzt man sich damit erheblichen Risiken aus:
Ich kümmere mich schon seit 15 Jahren um Akku-Entwicklungen und um die Sicherheit bei meinen Kunden. In unseren Systemen verbinden wir die Zellen immer mit einer Schutzschaltung. Diese Schutzschaltung achtet darauf, dass die Spannung der Zellen 2,5 Volt (die Nennspannung beträgt 3,6 V, Anm. d. Red.) nicht unterschreitet. Falls es doch mal dazu kommt, ist die Zelle defekt und der Akku lädt nicht mehr.
Jan Hetzel
Versucht man, unter Umgehung des BMS, einen toten, tiefentladenen Akku auferstehen zu lassen, bekommt man … einen Zombie. Infolge chemischer Prozesse im Inneren der Zelle können spitze Ablagerungen aus Lithium, sogenannte Dendriten, die dünne Separatorenfolie durchstoßen und die Zelle kurzschließen. Einen ähnlichen Effekt hat das Laden von Akkus bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt (E-Bike-Akkus von Bosch besitzen daher eine Schutzschaltung, die ein Laden nur zwischen 0° und 40° C erlaubt!). Auch hier wachsen in der Zelle und unsichtbar Dendriten, die irgendwann einen Kurzschluss, und dann, wenn es blöd läuft, einen Akkubrand verursachen.
Zu den potenziellen Ursachen für defekte Akkus gehören natürlich auch mechanische Beschädigungen, z. B. durch Fallenlassen oder Vibrationen.
E-Bike-Akku-Brand, wie schlimm ist das?
Jeder Akku brennt nur einmal!
Auf die Frage, wie oft E-Bike-Akkus denn nun eigentlich brennen, bekommen wir am Telefon eine überraschend unterhaltsame Antwort von Ina Schmiedeberg. Ina ist Pressereferentin beim Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (IFS), welches sich mit Ursachenforschung von Schadensereignissen beschäftigt.
„Aber längst nicht jeder Akku brennt!“, beeilt sie sich gleich darauf, uns zu versichern. Tatsächlich kann aber niemand auch nur ungefähr angeben, wie viele Akkus überhaupt im Umlauf sind, welche Qualität diese haben, geschweige denn, wie oft und warum einer davon in Flammen aufgeht. Sicher ist nur: Die Anzahl von Akkus in deutschen Haushalten ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen und das merkt man auch in der Zunahme von Schadenereignissen, die ursächlich auf Akkus zurückzuführen sind.
Ina Schmiedebergs Chef, IFS-Geschäftsführer Dr. Hans-Hermann Drews, fasst es gut zusammen:
Mit der Lithium-Akkutechnologie geht unserer Erfahrung nach eine klare, wenn auch keine unverhältnismäßige Brandgefahr einher. Betroffen ist eine breite Produktpalette von der Computermaus bis zum Elektrofahrzeug. Lithium-Ionen-Akkus haben gegenüber anderen Akkumulatoren den Vorteil einer höheren Energiedichte, darum ist eine verhältnismäßig kleine, leichte Bauweise möglich. Einerseits macht sie diese Eigenschaft attraktiv für den Einsatz in immer mehr mobilen Anwendungen, andererseits sorgt gerade die Energiedichte im Falle eines Defektes für eine starke Reaktion.
Das IFS mahnt also zu Vorsicht und Sorgfalt beim Umgang mit den Energiespeichern, rät aber nicht von deren Verwendung ab.
Brandverhalten abhängig vom Ladestand
Interessant, aber nicht wirklich überraschend ist: Volle Akkus brennen deutlich besser/heißer als leere. Das IFS hat dies in einem Experiment veranschaulicht:
Entzündung einer leeren Akkuzelle
Entzündung einer halb vollen Akkuzelle
Entzündung einer vollen Akkuzelle
Wie kann man als Nutzer*in das Risiko eines Akkubrands minimieren?
Grundsätzlich gilt: Die Brandgefahr für einen Akku ist während des Ladevorgangs am größten. Experte Jan Hetzel empfiehlt, E-Bike-Akkus in stabilen Kisten oder Schränken aus Metall zu lagern und zu laden.
Dafür gibt es fertige Lösungen, sogenannte Ladeschränke. Als günstigerer Lifehack ist auch eine alte Blechkiste mit einem Bett aus Löschgranulat und das Laden an einem Ort ohne allzu viel brennbaren Materials in der unmittelbaren Nähe bestimmt eine Verbesserung. Wichtig ist, dass euer feuerfester Behälter nicht gasdicht ist, sonst fliegt der euch im Extremfall auch noch um die Ohren.
Welche Vorkehrungen ergreift Ihr, um Risiken durch brennende Akkus entgegenzutreten?
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