Wer war Natenom?
Der 43-jährige Fahrrad-Aktivist mit dem knuffigen Elefantenlogo war unter seinem Pseudonym Natenom in den sozialen Medien und mit seinem Blog bekannt, weil er sich offensiv und für viele unbequem für einen sicheren Radverkehr engagierte, unzählige gefährliche Vorfälle, meist beim Überholtwerden mit zu geringem Seitenabstand – auf seinen Fahrradstrecken im Raum Pforzheim, für welches er den Begriff „Fahrradmordor“ prägte, zur Anzeige brachte.
Mein Eindruck ist, dass ich eher als Störenfried empfunden werde.
Andreas Mandalka a.k.a Natenom, in einem Interview mit dem ADFC
Sein unermüdlicher Kampf gegen ein gefährlich-autozentriertes System und den Unwillen der zuständigen Polizei und Staatsanwaltschaften, Regeln durchzusetzen oder von Natenom per Dashcam dokumentierte Verstöße zu ahnden, machte ihn zu einem Vorkämpfer und gefragten Interviewpartner zur Sicherheit für Radfahrende.
Am Abend des 30.01.2024 wurde Andreas Mandalka von einem Autofahrer angefahren und getötet.
Unfall auf der Stammstrecke
Nach Medienberichten war der 43-jährige Mandalka am Abend des 30. Januar 2024 auf der Pforzheimer Straße zwischen den Ortschaften Schellbronn und Neuhausen von hinten von einem Pkw gerammt, der von einem 77-Jährigen gesteuert wurde. Der Fahrrad-Aktivist wurde durch die Wucht des Anpralls auf die Frontscheibe des Fahrzeugs und in der Folge über dieses hinweg geschleudert und verstarb aufgrund schwerster Verletzungen noch an der Unfallstelle.
Besonders tragisch: Der tödliche Unfall ereignete sich auf genau dem Streckenabschnitt, über dessen Gefährlichkeit Natenom häufig berichtet, etliche gefährliche Vorfälle mit überholenden Autofahrenden zur Anzeige gebracht hatte. Sein Engagement für einen sicher befahrbaren, getrennten Radweg entlang der Strecke blieb vergebens.
Fahrradverbände und Aktivisten waren bereits am Mittwochabend in mehreren deutschen Städten zu spontanen Mahnwachen für den Verstorbenen zusammen gekommen. Virtuelle Lichter für Natenom wurden in der Critical-Mass-App „Critical Maps“ (kostenloser Download hier im Apple-App Store sowie hier im Google-Play Store) angezündet.
Nachruf der Initiative Fahrradstadt Pforzheim
Nachruf
In Trauer nehmen wir Abschied von unserem lieben Wegbegleiter, den alle unter dem Namen Natenom kannten. Er wurde gestern auf der Strecke von Neuhausen nach Schellbronn totgefahren.
Natenom hat sich seit Jahren für die Sache der Radler*innen stark gemacht. Er war auf seiner Heimstrecke von Pforzheim nach Hohenwart vielen Anfeindungen durch Autofahrer ausgesetzt, die ihn anpöbelten, zu knapp überholten und bedrohten, weil er sie mit seinem Rad an der schnellen Weiterfahrt behinderte. Seine Anzeigen wurden durch Polizei und Staatsanwaltschaft eher stiefmütterlich bearbeitet.
Gestern Abend dann, es war schon dunkel, fuhr er auf der Strecke von Neuhausen nach Schellbronn. Den daneben befindlichen Waldweg nutzte er absichtlich nicht.
Laut seinem Blog ist dieser kein Radweg und dessen Straßenbelag wird durch die Gemeinde wesentlich schlechter gepflegt als die daneben befindliche Straße. Natenom hat sich in solchen Dingen klar an der Rechtslage und seinen Rechten als Radfahrer orientiert.
Hinter ihm kam ein 77 Jahre alter Mann im PKW, hinter diesem wiederum andere Fahrzeuge. Es nieselte. Die Strasse war dunkelnass. Ein Auto kam entgegen, blendete den Fahrer.
Der Fahrer zog nach rechts und sah Natenom, der auf Landstrassen eigentlich nie ohne Warnweste unterwegs war, erst zehn Meter bevor er ihn überfuhr.
Natenom flog über das Auto und starb noch am Unfallort an seinen schweren Verletzungen.
Wir trauern um ihn und vermissen ihn.
Seinen Angehörigen gilt unser aufrichtiges Beileid.
Dem Verursacher dieses tragischen Unfalls gilt unser Mitgefühl.
Die Aktiven des ADFC-Pforzheim Enzkreis und das Orga-Team der Critical Mass
Termine: Mahnwachen, Demos und Gedenken
Mehrere Initiativen haben in verschiedenen deutschen Städten zu Mahnwachen, Fahrraddemos und Gedenkveranstaltungen für den Getöteten aufgerufen. Dort könnt ihr persönlich und vor Ort Natenom gedenken und Flagge zeigen für sichere Fahrrad-Infrastruktur.
Wir versuchen hier eine aktuelle und möglichst vollständige Liste und einen Überblick zu geben. Sollte eine Veranstaltung fehlen, schreibt uns bitte in den Kommentaren, wir versuchen, den Artikel aktuell zu halten.
- Freitag 02. Februar 2024, 12:00 Uhr – Köln Ebertplatz – Fahrraddemo von Radticker & ADFC
- Freitag 02. Februar 2024, 17:00 Uhr – Nürnberg Opernhaus – Cycling Rebellion
- Freitag 02. Februar 2024, 18:00 Uhr – Leipzig Augustusplatz –Critical Mass
- Freitag 02. Februar 2024, 18:00 Uhr – Halle (Saale) August Bebel Platz – Critical Mass und Gedenken, ADFC
- Freitag 02. Februar 2024, 18:00 Uhr – Ludwigshafen am Rhein – Critical Mass
- Freitag 02. Februar 2024, 18:00 Uhr – Frankfurt am Main, Alte Oper
- Freitag 02. Februar 2024, 18:30 Uhr – Stuttgart Feuersee – Critical Mass
- Dienstag 06. Februar 2024, 18:00 Uhr – Köln Rudolfplatz – Fahrrad-Gedenkfahrt
- Freitag 09. Februar 2024, 18:30 Uhr – Saarbrücken Max-Ophüls-Platz – stille Critical Mass
- Sonntag 11. Februar 2024, 11:00 Uhr – Pforzheim Staatsanwaltschaft – Gedenkfahrt und Ghostbike-Aufstellung
- Sonntag 11. Februar 2024, 13:00 Uhr – Dresden Kulturpalast – Fahrraddemo
- Sonntag 11. Februar 2024, 13:00 Uhr – bundesweite Schweigeminute – Virtuelle Lichter in der Critical Maps-App anzünden
Spendenaufruf zur Finanzierung von Natenoms Beerdigung
In einer Spendenaktion hatte die Pforzheimer Fahrrad-Community Geld für die Bestattungskosten des getöteten Fahrradaktivisten Andreas Mandalka gesammelt. Die benötigte Summe war bereits nach knapp 48 Stunden aufgebracht. Die Aktion läuft jedoch weiter, um die juristische Aufarbeitung des tödlichen Unfalls sowie weitere Projekte in Natenoms Sinne finanzieren zu helfen. Du findest die Aktion unter folgendem Link: Spendenaufruf Natenom.
Was muss an der Situation für Radfahrende in Deutschland dringend verbessert werden?
72 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumVielleicht wirkt die zügige Überholweise mit den hochdrehenden Motoren agressiv , in echt eher ein Zeichen von Ungeduld . Bewsusste Agresssion gegen mich als Radler erlebe ich so gut wie nicht.
Ich habe ohnedies das Gefühl das sich die anderen sich nicht durch konkret mich gestört fühlen, sind eher mit der "Gesamtsituation" unzufrieden sind. Das sie eben nicht so schnell voran kommen wie gedacht.
Kann man oft daran bemerken wie die betreffenden nachdem sie mich überholten auch andern Kraftfahrern auffahren....
Man kann das aber auch anders sehen:
Die Leute, welche mich knapp, aber scheinbar umsichtig, weil nicht zu schnell, überholen sind die waren unaufmerksamen, welche mich im morgentlichen "Pendlertrott", Routine und Halbschlaf, möglicherweise gar nicht richtig bemerken.
Wie dem auch sei ich fühl mich nicht bedroht, bin mir bewusst, das ich auf alles andere nur bedingt Einfluss habe. Hoffe eben das beste ;-)
Nachdem sich die Wogen etwas geglättet haben, hier ein interessanter Artikel über Natenom:
https://www.suedkurier.de/baden-wue...h-ueber-natenom-gestritten;art417930,11890370
Erst aufstempeln, dann umziehen ;-)
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