Wer geglaubt hatte, nur Mountainbiker hätten mit Fahrverboten zu kämpfen, irrt: In einem spektakulären Urteil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jetzt in zweiter Instanz ein seit 31 Jahren bestehendes Radfahrverbot auf der abschüssigen Strecke des Mühltalbergs in Straßlach aufgehoben. Das Verbot galt bisher exklusiv für Radler – während man im Auto die Strecke uneingeschränkt befahren durfte.
31 Jahre Schieben – so kam es zu dem Bergabfahrverbot
Seit einem tödlichen Fahrradunfall im Jahr 1993 bestand auf der etwa einen Kilometer langen Abfahrt zum Isarkanal im bayrischen Strasslach unweit des Starnberger Sees ein Verbot, bergab Fahrrad zu fahren. Was kurios klingt, war der Gemeinde bitterer Ernst: Wer mit dem Fahrrad die 60 Höhenmeter hinunter wollte – musste schieben. Während man die schmale Straße mit dem Auto in beide Richtungen befahren durfte, war das mit dem Rad nur bergauf erlaubt. Angeblich wollte man mit dem Downhillverbot Radfahrende vor sich selbst und den Rest der Welt vor rasenden Radlern schützen – 13 Unfälle sollen sich auf der Strecke seit 2003 ereignet haben, Schilder warnen dort vor einem Gefälle von 18 %.
Die Regelung hatte über Jahrzehnte hinweg für Kontroversen gesorgt, besonders da die Straße zu beliebten Ausflugszielen führt. An schönen Tagen treffen hier Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer aufeinander; bei zwei Kontrollen zu Ostern und Pfingsten 2023 hatte die Gemeinde bergab 1.797 bzw. 8.923 fahrende (!) Zweiradfahrerinnen und Zweiradfahrer gezählt und eine Höchstgeschwindigkeit von 56 km/h gemessen. Der schnellste Autofahrer soll mit 76 Sachen unterwegs gewesen sein, ein Lkw schaffte immerhin 59 km/h – bei erlaubtem Tempo 30.
In zweiter Instanz: Gericht entscheidet gegen Verbot
Die jüngste Entscheidung des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofs in zweiter Instanz folgte nun auf die Klage eines ADFC-Mitglieds. Diese kritisierte das Verbot als ungerechtfertigte Einschränkung für Radfahrende. Richter Klaus Borgmann erklärte, dass die Notwendigkeit des Verbots nicht überzeugend dargestellt wurde und wies darauf hin, dass das angegebene Gefälle von 18 Prozent auf den Verkehrsschildern nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht – erneute Messungen hätten ein Gefälle von lediglich 14,8 % an der steilsten Stelle der Straße ergeben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und die Gemeinde hat die Möglichkeit, Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen. Die Gemeindeverwaltung hat angekündigt, die Urteilsbegründung abzuwarten, bevor weitere Schritte unternommen werden. In der Zwischenzeit begrüßen Radfahrer die Entscheidung als Sieg für die Gleichberechtigung auf der Straße. Nun soll geprüft werden, ob Verkehrsteilnehmende durch bauliche Maßnahmen wie Kopfsteinpflaster, Bodenwellen oder Rüttelstreifen dazu gebracht werden können, ihr Tempo auf der Strecke an die Gegebenheiten anzupassen.
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