Berliner Radwegestopp gestoppt Verkehrssenatorin lenkt ein

Nur drei Monate nach der Wahl des neuen Berliner Senats erreichen uns besorgniserregende Nachrichten aus der Hauptstadt. Dort hat die CDU-Politikerin und neue Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Manja Schreiner verfügt, alle Radwegprojekte bis auf Weiteres zu stoppen. Einzelheiten im Artikel. 
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[Update 27. Juli 2023]

Protesterfolg: 16 von 19 Radwegen dürfen doch gebaut werden

Nachdem die neue Verkehrssenatorin von Berlin, Manja Schreiner (CDU) einen erheblichen Shitstorm für den von ihr ausgerufenen Radwegestopp ausgelöst hatte, hat sie die betreffenden Radwegeprojekte noch mal prüfen lassen, mit einem erfreulichen Ergebnis für alle Radfahrer:innen in Berlin: 16 der erneut geprüften 19 Projekte dürfen nun doch gebaut werden, wie der Spiegel berichtet. Ein großer Erfolg für alle, die als Reaktion auf diese äußerst fragwürdige Entscheidung auf die Barrikaden gegangen sind. Bei einer von Fridays for Future, ADFC und Changing Cities organisierten Demo in Berlin Anfang Juli gingen etwa 13000 Berliner:innen mit dem Rad auf die Straße, wie der Tagesspiegel berichtet.

So haben nun etwa die Radwege in der Hauptstraße und der Grunewaldstraße im Bezirk Tempelhof-Schöneberg sowie ein Abschnitt der Siegfriedstraße in Lichtenberg grünes Licht erhalten. Diese Straßenabschnitte wurden kürzlich Gegenstand intensiver Diskussionen. Die Entscheidung wurde nach Abschluss der rund einmonatigen Prüfungen durch die zuständige Behörde am Donnerstag bekannt gegeben. Unter anderem hatte wohl auch die Industrie- und Handelskammer darauf gedrängt, dass die Pläne umgesetzt werden – neben Radspuren sollen in manchen Fällen auch Haltebereiche reserviert werden, die für den Lieferverkehr vorgesehen sind. Drei Radwegeprojekte in der Stubenrauchstraße in Neukölln, der Roedernallee in Reinickendorf und der Blankenfelder Chaussee in Pankow bleiben hingegen weiterhin gestoppt. Ihre Zukunft ist noch ungewiss.


Radfahrerin auf unsicherem Radweg von LKW-Fahrer getötet

Am 03. Juli wurde in Berlin Marienfelde mit einer Radfahrerin bereits die fünfte radfahrende Person in diesem Jahr auf Berliner Straßen beziehungsweise Radwegen getötet. Bei den Maßnahmen der Senatorin Dr. Manja Schreiner (CDU) zum Stopp aller Radwegprojekte, geht es angeblich vor allem um Verkehrssicherheit. Aber die im Mobilitätsgesetz festgeschriebenen guten Radwege würden genau das bieten. Der Radweg an der Stelle, an welcher die Frau getötet wurde, ist nicht sicher: Ein schmaler Hochbordradweg, gerade mal ein Meter breit, aus dem letzten Jahrhundert. Bereits im Februar wurde eine Radfahrerin nur wenige Kilometer von diesem Unfallort entfernt getötet. Es herrscht also eigentlich dringender Handlungsbedarf, da jede Verzögerung weitere Menschenleben kosten kann.

Zum Unfallhergang schreibt tagesschau.de in einer Meldung zum tragischen Vorfall Folgendes: „Nach Zeugenaussagen sei der Lkw auf der Malteserstraße unterwegs gewesen und rechts auf einen Parkplatz abgebogen. Dabei habe er die Radfahrerin angefahren, die auf dem Radweg in die gleiche Richtung unterwegs war. Die Frau geriet unter den Lkw und wurde überrollt.“ Weiter heißt es darin: „Der 60-jährige Lkw-Fahrer erlitt einen Schock und kam in eine Klinik. Laut Feuerwehr wurden auch Augenzeugen mit Schocks ins Krankenhaus gebracht.“


Berliner Senatorin stoppt alle Radwegprojekte

Manja Schreiner (CDU), ihres Zeichens Berlins frischgebackene Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, behält sich laut einer E-Mail, die am gestrigen Donnerstag an die Bezirke rausging, vor, „die Umsetzung von angeordneten Radverkehrsanlagen vorübergehend auszusetzen. Sie wird künftig andere Maßstäbe an die Straßenaufteilung setzen. Sie hat die Mitarbeiter der Senatsverwaltung aufgefordert, derzeit keine Stellungnahmen abzugeben, Prüfungen, Anhörungen vorzunehmen, keine Anordnungen zu erteilen, bis eine Entscheidung gefallen ist. Hierzu gibt es auch keine zeitliche Vorgabe.“

Die Berliner Organisation Changing Cities, die mit dem Volksentscheid Fahrrad das neue Mobilitätsgesetz initiierte (Hier geht es zum Podcast mit Ragnhild Sørensen von Changing Cities), ist entsetzt über diese Entwicklung:

Die neue Senatorin entpuppt sich als Autoverkehrssenatorin, die zwar „Miteinander“ propagiert, während ihr Herz aber eindeutig für die autogerechte Stadt schlägt.

Ragnhild Sørensen, Changing Cities

Wehe, es fällt auch nur ein Autoparkplatz weg!

Und warum das Ganze? Auch das geht aus der Mail hervor, in welcher genauestens ausgeführt wird, auf welche Projekte die Anordnung abzielt. Und zwar solche Projekte, bei denen es zu einer Reduzierung von einem oder mehreren Fahrstreifen kommt, Projekte mit dem Verlust von Parkplätzen, wobei bereits der Verlust eines einzigen Parkplatzes ausreicht.

Neben der Entwicklung neuer Radwege bekommt noch eine weitere fahrrad- sowie umweltfreundliche Maßnahme eins über den Deckel gezogen. Projekte, „die Tempo 30 km/h über lange Strecke beinhalten“ seien vorerst auch auf Eis gelegt, heißt es weiter in dem Schreiben.

Meinung @Nimms-Rad.de

Während nicht nur in Oslo, Mailand, Kopenhagen, Amsterdam und Paris gerade enorme Veränderungen zugunsten klimaneutraler Mobilität umgesetzt werden, zeigt der frisch gewählte Berliner Senat sich in seiner autozentrierten Politik ganz offen rückwärtsgewandt! Auch das Timing – zu einem Zeitpunkt, an dem alle Welt auf die kommende Woche in Frankfurt stattfindende Eurobike, Europas größte Fahrradmesse, schaut – könnte kaum schlechter sein und zeigt einmal mehr, dass in der autodeutschen Verkehrspolitik auch weiterhin kein Weg zur Verkehrswende und wirksamem Klimaschutz begangen wird. Beschämend!


Was sagst du zur jüngsten Amtshandlung der Berliner Verkehrssenatorin?

Infos und Bilder: Pressemitteilung Changing Cities

25 Kommentare

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  1. es wird dich interessieren wenn es 8 Wochen dauert bis Beinknochen wieder zusammengewachsen sind,
    und du keinen Operationmarathon nach Splitterbruch durchgelebt hast.

    ich bin früher auch oft noch iwo durchgehuscht wenn in meinen Augen noch passte.

    habe im Frühjahr nen LKW Fahrer in seinem 40Tonner bei uns in der Kleinstadt im Dunklen zum Wendeplatz gelotzt.
    wenn du da oben drinsitz,
    weißt du erstmal auf was du alles achten musst,
    und auf anderen Verkehrsteilnehmer Rück- Vorsicht hoffst.

    defensives Verkehrsverhalten datt ist von allen wichtig.

    und da nützen auch keine gesonderten u baulich getrennte Verkehrswegen,
    weil das Problem bleiben die Kreuzpunkte,
    und das Rechtsbeharren einiger Verkehrsteilnehmer.

    aber es gibt Hoffnung gegen den toten Winkel,
    mit Kameras und BilderkennungsKi gut zu bewälltigen,
    doch die lieben Zulassungsbehörden,
    und der hohe finanzielle Einsatz zur Nachrüstung sind Bremsen.

    und bis dahin,
    gucken, hören sonst fühlen 😉

  2. Selbst ein komplett gepanzertes Fahrzeug ohne Fenster kann und hat 360° Sicht weil wir Technologien genau für sowas entwickelt haben.
    Ich frage mich, ob Du jemals etwas anderes als Fahrrad/PKW gefahren bist. Ich habe meine Erfahrungen bis zu LKW mit 7.5 to und ich sage Dir: Alles lieb und nett mit der Technologie, nur dass diese oftmals schlicht nicht vorhanden ist. Und da kannst Du mit solchen Fahrzeugen dann so defensiv und vorsichtig fahren, wie Du willst: Ein Restrisiko bleibt immer.

    Deswegen wäre auch mal ein Perspektivenwechsel für Fußgänger:Innen, Radfahrer:Innen, ... ratsam, weil viele sinnvolle Assistenzsysteme nach wie vor nicht Pflicht sind. Und selbst wenn die Assistenzsysteme zur Pflicht werden, gibt es oft keine Nachrüstpflicht für Altfahrzeuge.
  3. Ich frage mich, ob Du jemals etwas anderes als Fahrrad/PKW gefahren bist. Ich habe meine Erfahrungen bis zu LKW mit 7.5 to und ich sage Dir: Alles lieb und nett mit der Technologie, nur dass diese oftmals schlicht nicht vorhanden ist. Und da kannst Du mit solchen Fahrzeugen dann so defensiv und vorsichtig fahren, wie Du willst: Ein Restrisiko bleibt immer.
    Ich denke @SerpD wollte sagen, dass genau solche Fahrzeuge gar nicht mehr zugelassen seihen sollten, wenn sie keine Technik für 360° Rundumsicht haben.
    Beispiel? Wenn mal wieder ein LKW beim Rechtsabbiegen jemanden umgefahren hat, ist das Geschrei gleich wieder groß, weil eigentlich Technik für 360° Rundumsich möglich ist, aber gerade dieser LKW, der vielleicht sogar mehr Spiegel hat als andere, diese Technik gerade nicht hat.
    Was machen wir da?

    die wirklichen Herausforderungen zu diskutieren. Dazu gehört aber auch die Fähigkeit sich auf die Bedürfnisse aller Beteiligten einzulassen
    Alle Bedürfnisse werden sich da aber nicht berücksichtigen lassen, irgendwer muss auch mal zurück stecken. Schon alleine, weil in den meisten Städten nicht so viel Platz ist, wie in den Hochglanz-Vorzeigeprospekten.

    Vorhersehbarkeit, fände ich aber einen guten Ansatz. Das beißt sich aber mit den gerne genommenen Individuallösungen im Straßenverkehr. Die dann zwar Kosten reduzierend sind, aber eben auch für Verwirrung sorgen.
    Wer schon mal LKW gefahren ist, hat bemerkt (hoffentlich) dass man auf ganz andere Schilder achten muss, die man als PKW-Fahrer gerne ignoriert, und auch darf. LKW-Überholverbot z.B. oder Durchfahrtshöhe bei Brücken.
    So ist es zwischen Radverkehr und Autoverkehr auch. Und so wundern sich manche Autofahrer, dass plötzlich Radfahrer auf der Straße sind, und ebend noch nicht.

    Das die meisten Autofahrer auf Radfahrer achten, und die meisten Radfahrer eher defensiev fahren, sehe ich hier an einer Kreuzung, wo ein "gem. gen. Rad-/Fußweg" an einer Landstraße entlang führt, ohne Grünstreifen dazwischen. Autofahrer halten beim Abbiegen also an, um den Radfahrer die Vorfahrt zu gewären. top.
    Ja nun, leider hat sich der Verkehrsplaner gedacht (also vielleicht), dass es ganz gut aussehen würde 2m vor der Kreuzung noch einen Grünstreifen einzufügen, nur für die Kreuzung und zwischen Straße und Radweg. So weit ich schon mal gelesen habe, haben dann aber wieder die Autofahrer Vorfahrt, außerdem steht auch am Radweg ein Vorfahrtsschild, was aus dem Auto aber schlecht zu sehen ist. Der Radfahrer hält also an, um dem Auto die Vorfahrt zu lassen. richtig so.
    Da stehen nun beide und kucken sich blöd an, und meckern über den anderen, "Wieso fährt der nicht?"
    Schon sehr oft gesehen, und sehr oft am eigenen Leib erlebt.
    Dabei folgt der Radfahrer der Haupfstraße, muss aber dem abbiegenden Auto die Vorfahrt gewären.

    Das ist auch ein Beispiel, wo die Verkehrsregeln recht unvorhersehbar sind. für beide.

  4. Alle Bedürfnisse werden sich da aber nicht berücksichtigen lassen, irgendwer muss auch mal zurück stecken.
    Du weißt, dass das zwei unterschiedliche Dinge sind.
  5. Update: Nachdem die neue Verkehrssenatorin von Berlin, Manja Schreiner (CDU) einen erheblichen Shitstorm für den von ihr ausgerufenen Radwegestopp ausgelöst hatte, hat sie die betreffenden Radwegeprojekte nochmal prüfen lassen, mit einem erfreulichen Ergebnis für alle Radfahrer:innen in Berlin. 16 der erneut geprüften 19 Projekte dürfen nun doch gebaut werden!

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