Erfunden hat’s der US-Amerikaner William Grout, und das schon 1878. Später wurden Klappräder verstärkt vom Militär entwickelt. Unter anderen waren britische Fallschirmjäger und italienische Gebirgsjäger im ersten Weltkrieg mit Klapprädern unterwegs. Mit Vollgummireifen und jeder Menge Extra-Kilos. Die zivile Nutzung kam in Deutschland besonders in den Wirtschafts-Wunder-Jahren ins Rollen. Den kommerziell größten Erfolg hatte zunächst die Marke Moulton. Bickerton, Dahon und Brompton trieben später die Entwicklung voran. Das Einklappen wurde verbessert und das Gewicht reduziert. Trotzdem blieben Klappräder in diesen Jahren eher ein Kompromiss zu den zunehmend beliebten Rennrädern oder Mountainbikes. Ihr Einsatzgebiet blieben sehr kurze Strecken innerhalb der Stadt oder als Anhängsel für Autoreisende.
Urbanisierung bringt die Faltrad-Renaissance
So verkümmerten viele dieser 70er- und 80er-Jahre-Ungetüme in Keller oder Garage. Schwer, klapprig, bunt und mit dieser komisch-quietschenden Konstruktion, die man in der Mitte klappen konnte. Einzig bei Events wie den Klapprad-Weltmeisterschaften kamen die mittlerweile liebevoll gepflegten Exoten noch ans Tageslicht. Mit der rasch fortschreitenden Urbanisierung, dem Aufbegehren der Verkehrswende und dem erstarkten, kollektiven Umweltbewusstsein erlebt das Klapprad aber nun schon seit einigen Jahren eine Renaissance. Im Rahmen der eigens initiierten Image-Kampagne hat sich das Klapprad mittlerweile in Faltrad umbenannt und sein Erfolg gibt ihm zunehmend Recht. Aus Retro-Schick ist Urban-Schick geworden.
Faszinierend, ohne Wenn und Aber
Mittlerweile sind fast alle Spielarten des Faltrads erhältlich: von maximal urbanen Minis über das Falt-Fatbike bis zum Falt-Tandem. Ob mit Naben- oder Kettenschaltung, E-Antrieb oder ohne, 20- oder 24-Zoll-Laufrädern, wenn es sein soll auch vollgefedert: Kompromisse muss niemand mehr machen. Zudem haben die aktuellen Modelle weitaus mehr Techniken, um ein geringes Faltmaß zu erreichen. Diese gehen weit über ein schnödes Scharnier am Unterrohr hinaus. Daher kann man bei modernen Modellen wirklich von Falträdern sprechen, weil sie eine komplett neue Dimension der Klappräder darstellen – eine eigenständige und faszinierende Gruppe ohne Wenn und Aber.
Kontinuierliche Entwicklung bei Riese & Müller, Brompton & Co.
Im stetig wachsenden Markt für moderne Falträder haben sich beispielhaft die Marken Riese & Müller, Brompton und Tern etabliert. Das „Birdy“ von RM war eines der ersten Hightech-Klappräder mit Aluminiumrahmen, Federungsgelenken und Vollfederung. Bis heute wird es erfolgreich weiterentwickelt. Solche Exemplare lassen sich auch auf größeren Touren komfortabel fahren. Ein weiterer Big-Player im Segment ist Brompton. Die englische Marke gilt als Erfinderin des modernen Faltrades. Sie treibt als Marke bislang am kontinuierlichsten die Faltrad-Entwicklung voran. Das hat seinen Preis. Marken wie Tern und Tyrell runden das Preisspektrum gut ab, ohne bei cleveren Innovationen zu sparen. In Deutschland gibt es auch zunehmen Manufakturen, mit denen man Schaltung, Bremsen und weitere Komponenten ganz individuell abstimmen kann.
Faltrad kaufen – was soll ein gutes kosten?
Preislich lohnt immer der Vergleich zu einem normalen Fahrrad, das man sich anschaffen würde. Expert*innen schätzen die Mehrkosten für die Faltfunktionen zwischen 30 bis 40 Prozent. Bei E-Falträdern ist das ähnlich. Bei Schnäppchen sollten Käufer*innen die Details im Auge behalten, sonst drohen Einbußen bei Komfort und Sicherheit.
Wie auch die großen Marken aus dem Rennrad- und Mountainbike-Bereich bieten die Faltrad-Hersteller mittlerweile zahlreiche Varianten ihrer Modelle an. Die Preise können je nach Ausstattung und Materialien weit auseinander liegen. Das rennsportorienierte Modell Verge von Tern beginnt beispielsweise mit dem D9 bei 1.299 Euro und endet mit dem Topmodell Verge X11 für 2.999 Euro. Dafür bekommt der*die Kund*in ein fast 9 Kilo leichtes Faltrad mit SRAM Force X1 11-fach-Schaltung, Carbon-Kurbelgarnitur und Hydraulik-Scheibenbremsen. Das Elektro-Topmodell Vektron kostet bei Tern 4.399 Euro. Das auf ein besonders niedriges Packmaß ausgerichtete Tern BYB startet mit dem P8 bei 1.649 Euro. Am anderen Ende steht das S11 mit 2.699 Euro.
Auch bei Brompton geht es individuell zu: Der Einstieg in die Londoner Faltradwelt aus handgeschweißten Stahlrahmen kostet 1.500 Euro für das C Line Urban. Für 2.625 Euro ist das exklusive P Line Urban zu haben. Ein Titan-Hinterbau drückt dann das Gewicht von 11,25 auf 9,89 Kilogramm. Für die Elektrovariante C Line Explore sind 3.495 Euro fällig. Die Auswahl beim abenteuerorientierten Birdy von Riese & Müller ist ebenfalls groß. Für das vollgefederte Birdy City mit Shimano Nexus zahlt der*die Kund*in 2.699 Euro, für das Birdy Touring mit Microshift 10-fach-Kettenschaltung 2.799 Euro. Das Topmodell Birdy Rohloff mit 14-Speedhub kostet 4.199 Euro.
Jede Menge Geld und Zeit gespart – Bahnfahren mit dem Faltrad
Und mit einem Faltrad kann man sogar die Bahn austricksen: Flott zum Bahnhof rollen, Faltrad in Handgepäck verwandeln und in den ICE einsteigen – gratis. Denn bis 20 Zoll dürfen Fahrräder kostenlos in der Bahn mitgenommen werden. Und man bleibt auch hier flexibel, denn man ist nicht auf die wenigen Radabteile angewiesen und muss auch nicht auf die für Fahrräder geltenden Sperrzeiten achten. Selbst die Reise im Flugzeug wäre möglich, denn einige Falträder passen ins normale Gepäck, das man am Schalter aufgeben kann. Das spart wieder Geld und Zeit.
Die Vorteile und Nachteile des Faltrads im Überblick
Pro / Contra
Stärken
- Wegen des geringen Faltmaßes und Gewichts lässt es sich leicht tragen
- Kann eigenen Pkw und Parkplatz überflüssig machen
- Leicht in öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren
- Mehr Flexibilität und Mobilität im Alltag und auf Reisen
- Besser vor Diebstahl geschützt, weil es sich überall mit hinnehmen lässt
- Kein Fahrrad-Ticket im ICE und in anderen Zügen nötig
- Eingepackt gilt das Klapprad bei vielen Airlines als normales Gepäckstück
- Zwei gefaltete Falträder passen ohne Probleme in einen Autokofferaum
- Es lässt sich platzsparend in der Wohnung unterbringen
Schwächen
- Fahrverhalten unterscheidet sich von anderen Bikes
- Günstige Modelle eignen sich meistens nicht für längere Strecken.
Unsere Meinung
Das moderne Faltrad ist ein konkurrenzloses Bike, das sich wie kein anderes mit allen anderen Verkehrsmitteln, dem Beruf und dem Alltag kombinieren lässt. Ein hundertprozentiger Kompromiss ist es dabei trotzdem nicht. Faltbikes lassen sich nicht mehr nur auf ihr Packmaß reduzieren, sie sind individuell, verspielt, schnell und abenteuerlustig. Der*die Freizeit-Mountainbiker*in muss also auf dem Weg nicht auf sein*ihr Gelände-Feeling verzichten, ebenso der*die Rennradler*innen. Nach einer langen Geschichte mit Höhen und Tiefen ist das Faltrad womöglich jetzt die ultimative Antwort auf Urbanisierung und Verkehrswende sein – dazu mit jeder Menge Lifestyle.
Was denkst du über Falträder? Call oder fold?
16 Kommentare
» Alle Kommentare im ForumNoch nicht, habe erstmal den Asssaver vom Mountainbike dran gemacht. Vielleicht reicht er mir, wenn es nur leicht Nass ist und für den Fall, dass es ordentlich regnet habe ich sowieso eine Regenhose an. Kann mir aber gut vorstellen noch die Vello Schutzbleche auszuprobieren.
Beim Licht ists ähnlich...ich benutze seit Jahren für Abendfahrten mit dem Rennrad, Mountainbike oder Stadtrad ein aufklickbares Licht von Sigma. Das verwende ich erstmal weiter, kann mir aber auch vorstellen noch ein festes mit Nabendynamo nachzurüsten 🤔
Und hier noch ein Bild von heute morgen…daneben ein Brompton for scale 😆
Habe mein Dienstwagen abgegeben und fahre seit ein paar Wochen mit dem Tern Verge X11 zur Arbeit. Morgens mit Bahn und Faltrad, Nachmittags dann 20km ohne Bahn zurück. Kann es nur empfehlen, man bleibt fit und das Rad fährt sich fast wie ein Rennrad. Jetz bin ich gespannt auf die kalte Jahreszeit ....
Thomas
Fahre seit 2000 Birdy und bin letztlich aus Altersgründen beim, inzwischen nicht mehr produzierten, Hybrid Birdy gelandet. Durch den benötigten Akku ist der Vorteil des Faltens und der Leichtigkeit neutralisiert worden, was allerdings durch die Mitführung am/im PKW nicht auffällt. Siehe Bild. Dazu muss gesagt werden, es ist ein Kompromiss, denn eigentlich ist es für nichts richtig geeignet, in der Summe passt es allerdings zu dem Umfeld, zu dem ich noch fähig bin. Der einstige Neu-Preis von 3800€ je Stück lag ausserhalb .... aber es wird ja auch in andere Sportgeräte investiert, wo Außenstehende nur den Kopf schüttel und der Besitzer glücklich damit ist.
Auch nach vielen Jahren hat das Birdy an seiner Funktionsfähigkeit nichts eingebüßt.... das Material hält, auch nach Einsätzen über meine Belastungsgrenze in den Bergen....wo dann meine Frau mein Birdy schieben musste und ich mit mir selbst genug Probleme hatte (war nicht beabsichtigt, nur gab es kein Zurück, wobei richtige MTB mit viel Watt und griffigem Profil an mir vorbei schnurrten), ich war halt völlig ahnungslos.
Die Vor - und auch Nachteile sind in dem Artikel sehr hilfreich beschrieben.... das Faltrad muss zum Lebendsumfeld passen und bleibt immer ein Kompromiss, der je nach Mut, Leistungs- und Zahlungsdfähigkeit und mangelnder Alternativen beschritten wird.
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